Axel Kahrs

 "du gehst, als gingst du unter Freunden"

Nicolas Born

Geboren am 31. Dezember 1937 in Duisburg, 
gestorben am 7. Dezember 1979 bei Dannenberg

Der Tod kam mit 41 Jahren, und wer die Nachrufe liest, spürt den Schmerz und die Verstörung. Der Freund und Kollege Günter Kunert klagte über Nicolas Borns Ende am 7. Dezember 1979: „Alle Worte der 

Trauer scheinen unangemessen, richtiger die zornigen und bedrückten. [...] Müssen wir diesen Tod nicht besonders hassen, ganz egoistisch, weil er uns um einen Teil unseres eigenen Wesens gebracht hat, das, in uns nur latent, sich in ihm verwirklicht hatte?“ Den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki traf die Nachricht unerwartet: „Ich kannte ihn, ich schätzte seine Romane und Gedichte, ich war erschüttert. Ich glaube, ich zitterte. Lange dachte ich über Born nach, einen der begabtesten, liebenswertesten Autoren seiner Generation.“ Und der Wegbegleiter Günter Grass widerrief die Endgültigkeit des Todes von Nicolas Born: „Man möchte seine Rückkehr einklagen und dem Tod, diesem Macher, die Fälschung nachweisen. Er soll wieder da sein, mehr geben, alles [...]“
Der bittere Abschied macht auch nach über zwanzig Jahren noch deutlich, wie groß der menschliche und künstlerische Verlust war, den die deutsche Nachkriegsliteratur damals erlitt. Nicolas Born war als Autor und Mensch eine Ausnahmeerscheinung, ein Repräsentant seiner Generation und seiner Zeit, aber dennoch ein Einzelgänger und Solitär, er war Vorbild, ohne dass man ihn nachahmen konnte, er blieb sich treu, ohne die anderen in Stich zu lassen.
Dabei schien sein Lebensweg anfangs nur die Prägungen und Widerstände nachzuzeichnen, die für die Generation nach Auschwitz typisch sind. Klaus Jürgen Born, am 31. Dezember 1937 in Duisburg geboren, erfährt als Kind Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau im Ruhrgebiet. Den Beruf als Chemigraph (Druckplattenhersteller) übt er, inzwischen verheiratet und Vater einer Tochter, ein Dutzend Jahre aus. Doch 1964 kommt der Bruch, ausgelöst durch erste Kontakte zum Literarischen Colloquium Berlin. Die Literatur, das Schreiben von Lyrik und Prosa, bestimmt zunehmend das Leben Borns: Trennung und schließlich Scheidung von seiner Frau, Umzug nach Berlin, Lesungen vor der Gruppe 47, Engagement für Willy Brandts „Wahlkontor“, ein erster Förderungspreis (noch aus Nordrhein-Westfalen), Austritt aus der SPD, Protestaktionen bei der APO – in dieser Generation hundertfach erfahrene Chancen und Verwerfungen.
Doch Nicolas Born verliert sich nicht in diesen biografischen Brüchen. Seine Herkunft ermöglicht die kritische Distanz zum überhitzten Theorie-Diskurs der Studentenschaft, seine Romane und Gedichte widersetzen sich dem mainstream. Allzu gängige Klischees von oben und unten korrigiert er mit feinem Strich: „Reiche haben mich gespeist / als ich besoffen vor Elend / in die Bungalows einfiel. / .../ Arme aber haben mich geschunden / Arme haben mich betrogen und vermurkst / teilten nicht ihr Brot mit mir“ („Seitensprung“).
Hermann Peter Piwitt porträtiert in seinem Roman „Deutschland. Versuch einer Heimkehr“ (1981) den Freund Born: „Er hatte eine Lehre hinter sich und eine Arbeitsstelle aufgegeben wegen Berlin. Er war in der Gewerkschaft und hatte Frau und Kind. Das heißt, er war anders als wir, die wir studiert und mit der Welt, wo mit Händen gearbeitet wird, allenfalls geflirtet hatten.“ Als die Berliner-Szene immer mehr zur narzistischen Pose neigt oder in den Untergrund steigt, geht Born, inzwischen wieder verheiratet und bald erneut Vater, als Stipendiat im Jahr 1969 in die USA. Weitere Erfolge und Auszeichnungen als Autor ermöglichen es der Familie, sich 1972 im niedersächsischen Wendland ein Bauernhaus zu kaufen, ganz in der Nähe von Freunden: ein Katzensprung zu Hans Christoph Buch, ein kurzer Weg zu Uwe Bremer und den Rixdorfer Druckern in Schloß Gümse, wo sich, wie 1975 beim „Rixdorfer Laboratorium“, alle wiedersehen: HC Artmann und Christoph Derschau, Gert Loschütz und Jürgen Theobaldy, Hans Joachim Schädlich und Reinhard Lettau. Die weitläufige und dünn besiedelte Elb-Region im Schatten der DDR-Grenze ist für Born kein Idyll. Frei von Illusionen über vermeintlich glückliche Kühe und bukolisches Ambiente, wählt er den Ort, an dem Schreiben möglich wird: Konzentration und Kulisse zugleich für ein bewußtes Leben, das hinter, jenseits des von ihm attackierten „Wahnsystems Realität“ liegen sollte.
Born erfaßt schnell den Reichtum der Auen, Wälder und Täler, er begreift die Landschaft als vorher nicht für möglich gehaltene Heimat, „in der er sich in verschwiegenen Momenten auch begraben vorstellte“ (so sein Protagonist Georg Laschen im Roman „Die Fälschung“). Die Begeisterung für das Wendland nährt sich auch aus der Summe der erfahrenen Bedrohungen, denn neben der privaten Katastrophe des Hausbrandes 1976 mit dem Verlust fast aller Manuskripte und Unterlagen kündigt sich ein Jahr später mit der Benennung Gorlebens als geplantem Zwischen- und Endlagerstandort für radioaktive Abfälle eine Zuspitzung der politischen Auseinandersetzungen an. Zusammen mit befreundeten Künstlern und Journalisten engagiert sich Born im Widerstand gegen die Pläne der Landesregierung. Der von Hans Christoph Buch initiierte Aufruf „Keine Atommülldeponie“ trägt auch seine Unterschrift; die „Rede in Gorleben“ vom 12. März 1977 und Borns Ansprache bei der Verleihung des Bremer Literaturpreises sind bleibende Zeugnisse einer engagierten Literatur. Bis in die jüngste Zeit hinein sieht man bei Castor-Demonstrationen den Born-Satz „Die Ruhe auf dem Lande ist oft stille Wut“ auf Transparenten der Wendländer.
Das in dieser Frage wichtigste Gedicht „Entsorgt“ dreht den semantischen Aberwitz der atomaren “Entsorgungspark“-Betreiber um und fordert die Sorgen als unverzichtbares Humanum ein: „Das sorgend Schöne fehlt mir an Krypton und / Jod 129. Mir fehlt die Zukunft der Zukunft / mir fehlt sie.“ Aber Borns politische Radikalität ist auch radikal human. Seine Literatur ist heute noch ein kreativer Speicher, ein vielschichtiges Angebot auf die Frage, wie man denn umgehen soll mit Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Not und Menschenverachtung. Born ist konsequent, wo es um die Sache geht, aber er versucht nie den Gegner zu vernichten; er respektiert den anderen, will ihn verstehen, ohne alles zu verzeihen. Er sorgt sich um das Weiterleben und Wohlergehen, und schreibt dann: „Ich will nicht immer wüten und abgehen. / Gesagt hab ich mal, daß einer zum Krüppel wird / wenn er seiner Zeit böse bleibt“ („Elbholz“). Das ist Borns Vermächtnis, das er vorlebte und vor-schrieb: Sich engagieren, wehren, kämpfen, aber sich nicht verhärten, nicht dem Haß die Oberhand lassen: Wem das gelingt, der erlebt, was Born im Elbholz erfuhr: „du gehst, als gingst du unter Freunden“.
Am Rande der alten Republik wohnend, wird Nicolas Born in diesen letzten Jahren eine stetig wachsende Anerkennung zuteil, die Gastdozentur an der Universität Essen, die Mitgliedschaften in den Akademien von Mainz und Darmstadt sowie in der Jury des Petrarca-Preises, die Aufnahme in den PEN, die Tätigkeit als Herausgeber des „Literaturmagazin“ und die Berufung in das Amt des „Stadtschreibers“ von Bergen-Enkheim zeigen Born auf dem Höhepunkt des Schaffens, als er, beschäftigt mit dem Wiederaufbau eines alten Backhauses im Garten seines Grundstückes, an Krebs erkrankt. Mehrere Operationen können das Ende nur verzögern. Am 7. Dezember 1979 stirbt Nicolas Born in seinem Haus in Breese bei Dannenberg. Sein Grabstein, gestaltet vom Bildhauer Klaus Müller-Klug, steht bei Damnatz am Elbdeich.
Was bleibt, ist sein vielfältiges schriftstellerisches Schaffen, ein von der Wissenschaft immer mehr dokumentiertes und erschlossenes Werk, leider nur in Teilen lieferbar und ohne Gesamtausgabe, aber die großen Würfe in der Prosa und Lyrik sind zugänglich. Hermann Peter Piwitts Satz: „Ich wünsche ihm Leser. Wer ihn liest, ist nicht tot. Wer ihn noch nicht gelesen hat, hat sein Leben noch vor sich“ ist mehr als eine Verneigung vor dem alten Freund. Denn die Lektüre des Hauptwerkes „Die Fälschung“ (1979) bestätigt immer wieder den radikal ernsthaften Anspruch des Autors Born auf Wahrheit und Genauigkeit.
Es war ein scharfer Disput über journalistische Verantwortlichkeit mit dem Stern-Reporter Kai Hermann, seinem wendländischen Nachbarn, der Born den Libanon-Krieg als Folie seiner Geschichte um den Reporter Georg Laschen wählen ließ: „Vielleicht waren alle Fotos von der Wirklichkeit nicht in Ordnung, falsch, alle Sätze über die Wirklichkeit falsch. Es passierte dabei etwas mit der Wirklichkeit [...] Er haßte die eigenen Berichte, ohne bisher mit dem Haß in sich zu dringen, er haßte sie besonders, wenn sie fertig waren und gedruckt, dann sah er sich selbst in den Sätzen sitzen und feixen, obszöne zweideutige Winke geben, sich hindurchwagen und lügen durch ein Lügengewebe, sich hindurchschlagen und hindurchbehaupten [...]“
Die Brutalität der Kontrahenten, das Leiden der Zivilbevölkerung und die Abgebrühtheit der Berichterstatter verschärfen die innere Krise Laschens, der sich fragt, „was ihm dieses stille, langanhaltende, weiche, flaue Entsetzen in den Bauch und in den Kopf zugleich hineintrieb“. Dabei hat er im zerbombten Beirut immer wieder Bilder des friedlichen Wendlands vor Augen: „Diese Landschaft“, so heißt es da, „erschien ihm manchmal in den raschen, von treibenden Wolken verursachten Lichtwechseln als eine Meerestiefe, die einem beim Hinabschauen entgegenfliegt, bis sie sich in einem weiten schwellenden Ring auflöst und den Blick freigibt auf immer neue, tiefere Gründe.“
Weder die Wiederbelebung der in Routine erstarrten Ehe daheim noch die erwünschte Beziehung zur deutschen Botschaftssekretärin gelingen. Die erlebten Massaker werden unerträglich, eine Rückkehr ins Alltagsleben erscheint immer unmöglicher. Born geht und schreibt da konsequent weiter, wo man gewöhnlicher Weise resignierend sagt: „Eigentlich müßte man jetzt...“. Er hat die Arbeit der Kriegsreporter aller Länder mit dem Skalpell seziert. Herausgekommen ist ein Roman, der in seiner Weigerung, das Leid zu akzeptieren und darstellbar, also verfügbar, zu machen, zutiefst human ist. Das Buch ist geprägt von stilistischer Sorgfalt und sprachlich federnder Eleganz. Man möchte ganze Sätze, ja Passagen anstreichen, ein Ausrufezeichen an den Rand setzen, und spürt doch, dass es dem Autor nicht um Merksätze oder Belehrungen geht. Die Leser haben die Wucht der „Fälschung“ gespürt, das Feuilleton reagierte begeistert.
Volker Schlöndorff verfilmte den Roman mit Bruno Ganz in der Rolle des Laschen, und die Kritik lobte: Der „virtuos inszenierte Film steht in seiner Entschiedenheit der des Buches in nichts nach“. Und als die Zeitung „MediumMagazin“ in den Jahren 2000 und 2001 wichtige Journalisten vorstellte, wurden bei der Frage nach einem Buch oder einem Beitrag über Ethik im Journalismus von Manfred Krupp (Chefredakteur Hessischer Rundfunk), Ulrike Droll (Chefredakteurin „Cosmopolitan“) und n-tv-Moderatorin Sandra Maischberger Nicolas Born und „Die Fälschung“ als Buch oder Film genannt.
Vor diesem letzten Roman treten die anderen Prosawerke Borns ein wenig zurück. „Die erdabgewandte Seite der Geschichte“ (Roman, 1976) ging in die Lesebücher ein, besonders die Passagen über den Tod Benno Ohnesorgs gelten als literarisches Zeitdokument zur Außerparlamentarischen Opposition. Die posthum edierten „Täterskizzen“ (1983) versammeln die Erzählungen, „Die Welt der Maschine“ Borns Aufsätze und Reden (1980). Immer wieder neu zu entdecken sind die herrlich verrückten Geschichten um „Oton und Iton“ aus dem gleichnamigen Kinderbuch (1973): „Oton und Iton bogen ahnungslos um eine Ecke in der vierten Dimension, als sie das Glück sahen. Es war ein bißchen magerer, als man es sich vorstellt, und trug einen Regenmantel, um nicht naß zu werden, und es regnete nicht. An dem Regenmantel fehlte ein Ärmel. Oton und Iton überlegten, ob das ein Symbol war oder wirklich vom vielen Festhalten kam.“ Borns Vielseitigkeit zeigt sich so auch an der Fülle der literarischen und journalistischen Genres, die er beherrscht.
Doch das zweite gewichtige Feld neben der Prosa ist das lyrische Werk Borns. Die Einzelbände wie „Marktlage“ (1967), „Wo mir der Kopf steht“ (1970), „Das Auge des Entdeckers“ (1972) und andere Lyrik wurden in dem Band „Gedichte 1967-1978“ zusammengefaßt. Sie sperren sich in ihrer Individualität und sprachlichen Kennung gegen die so oft zitierte Schubladen-Formel von der „neuen Subjektivität“.
Sein Verleger Heinrich-Maria Ledig-Rowohlt sagte am Grab: „Seit der ersten Lektüre seiner Gedichte haben mich Borns Redlichkeit, seine Geradheit, seine ernste Trauer über die Verelendung unseres inneren und äußeren Lebens tief bewegt“. Und alle Gedichte zeigen das, was Günter Kunert in Born sah: „eine schutzlose Gestalt, immer Betroffener, nie Unbeteiligter“ – Born nennt es die „zärtliche Berührung mit dem Leben.“
Und so kann man heute in den Gedichten alles lesen, ohne je in Beliebigkeit zu verfallen: Der wütende Protest in „entsorgt“ gegen eine Welt „am Tropf der Systeme“, die unvergessliche Schilderung der Elblandschaft im „Elbholz“-Gedicht, ein Hymnus auf die sich selbst schöpfende Natur („kein Mensch könnte das in Unordnung halten / dies klare Durcheinander des Wachsenden / übereinander Hergefallenen“), zugleich ein Abschiedscarmen an die Freunde ("wenn ich sterbe will ich allein sein, / nichts mich berühren, nichts verwischen / kein Wort / es soll alles echt aussehen"). Und noch einer veralteten Technik kann Born ein Bild abgewinnen: „Ein Zug ist eingefahren; wenn er steht, hört man ihn knistern und stöhnen. Das Material erschöpft / und müde“ („Bahnhof Lüneburg, 30. April 1976“).
Die poetische Verwandlung, die Gegenstände, Orte, Landschaften, aber auch Lebewesen und schließlich wir Menschen als Individuen in diesen Gedichten erfahren und erlesen, geht auf Borns Technik des bewußten Anschreibens gegen die Realität zurück: „Wenn ich in einem Gedicht geschrieben habe, ´Kunst heißt das Leben mit Präzision verfehlen`, meinte ich, ... daß Kunst nicht eine Kopie des Lebens sein soll, nicht eine Fälschung von Meisterhand sein soll. Aber das Leben muß mit Präzision verfehlt werden, Kunst darf nicht einfach am Leben vorbeigehen. Sie muß das Leben verfehlen in gleichzeitig sicherer und gefährlicher Distanz“ („Autobiographie“).
Zwei Jahrzehnte nach Borns Tod gibt es eine Renaissance seiner Werke, nimmt die Zahl der Leser zu, die seinem Diktum „Das Mögliche muß sich im Trommelfeuer der Medien erst wieder einführen“ („Autobiographie“) zustimmen. Die Literaturwissenschaft ortet ihn heute, zusammen mit Rolf-Dieter Brinkmann, auch als frühen Begründer der experimentellen Popliteratur.
Die 2000 gegründete Nicolas Born-Stiftung im Wendland pflegt und fördert Literatur und Wissenschaft in seinem Geist und baut ein Born-Archiv auf. Lesungen, Ausstellungen und Veranstaltungen in der Stipendiatenstätte Künstlerhof Schreyahn galten seinem 20. Todestag, zusammengefaßt im Gedenkbuch „Der Landvermesser“ (1999), das auch die Stimmen der Freunde vereint. F. C. Delius sagte über Born: „Ich wüßte keinen Freund, der so vielen Freund war, wie kein anderer unserer Generation Mittelpunkt vieler Freundschaften zu sehr verschiedenen Autoren“. Da klingt es wie nachgetragener Dank, dass viele Autoren dem „Landvermesser“-Band ihre Epitaph-Gedichte als Autograph gaben: unter ihnen Grass und Handke, Rühmkorf und Vesper, Theobaldy und Buch, Kolbe und Taschau, Herms und Kattner. Von Uwe Bremer und Klaus Müller-Klug kamen Grafiken und Zeichnungen.
In Dannenberg erinnert eine Ausstellung an Born. Die dortige Bücherei trägt seit 2001 seinen Namen. Der im Jahr 2000 eingerichtete Nicolas Born-Preis des Landes Niedersachsen (bisher an Adam Seide, Jan-Philipp Reemtsma und Walter Kempowski vergeben) verdeutlicht noch einmal die zunehmende Resonanz. Günter Grass, der in seinem Born gewidmeten Roman „Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus“ (1980) den langen Abschied vom Freund schildert, schrieb im Mai 2000 an den niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur: „Mit der Benennung eines bedeutenden Preises nach Nicolas Born ehrt sich auch das Land Niedersachsen, dem er, wie ich weiß, verbunden gewesen ist.“
Doch alle Ehrungen, Würdigungen und Auszeichnungen sind nur Wege hin zu einem der großen Autoren Deutschlands, führen stets zurück auf sein Werk, frei von Personenkult und Mythologisierung. „Wir schreiben weiter und werden ihn nicht verklären“, versprach sein Kollege, der Schriftsteller Günter Herburger – bedenkenswert, wenn man liest, dass Ledig-Rowohlt in Born einen „werdenden deutschen Camus“ sah!
Nicolas Born hat in seiner Literatur den eigenen, frühen Tod überwunden, als er in seiner „Autobiographie“ die Vision eines Ernst Bloch für sich weiterdachte: „Als Kinder hatten wir einen radikalen und absoluten Anspruch an die Welt: den Anspruch auf Glück, Unsterblichkeit. Dieser Anspruch muß wieder eingeführt werden. Erst dann werden wir uns voll bewußt, was wir alles entbehren und um was wir alles betrogen sind“ – Borns literarisches Werk kann der Schlüssel dazu sein.


Werke:
Der zweite Tag. Roman. Köln 1965
Das Gästehaus. Gemeinschaftsroman des LCB (mit einem Kapitel von N. Born). Berlin 1965
Marktlage. Gedichte. Köln 1967
Wo mir der Kopf steht. Gedichte. Köln 1970
Das Auge des Entdeckers. Gedichte. Reinbek. 1972
Oton und Iton. Abenteuer in der vierten Dimension. Kinderbuch. Reinbek 1973
Literaturmagazin. Nr. 3, Nr. 6 - 12, hrsg. von Nicolas Born. Reinbek 1975ff
Die erdabgewandte Seite der Geschichte. Roman. Reinbek 1976
Gedichte 1967-1978. Reinbek 1978 (Jubiläumsausgabe 1983)
Die Fälschung. Roman. Reinbek 1979
Die Welt der Maschine. Aufsätze und Reden. Hrsg. v. R. Haufs. Reinbek 1980
Täterskizzen. Erzählungen. Hrsg. v. R. Junkereit. Reinbek 1983
Gedichte. (Auswahl). Hrsg. und mit einem Nachwort von P. Handke. Frankfurt 1990


Über Nicolas Born:
Der Landvermesser. Gedenkbuch für Nicolas Born. Hrsg. v. C. Beyer und A. Kahrs. Lüneburg 1999


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