Trauer
scheinen unangemessen, richtiger die zornigen und bedrückten. [...] Müssen
wir diesen Tod nicht besonders hassen, ganz egoistisch, weil er uns um
einen Teil unseres eigenen Wesens gebracht hat, das, in uns nur latent,
sich in ihm verwirklicht
hatte?“ Den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki traf die Nachricht
unerwartet: „Ich kannte ihn, ich schätzte seine Romane und Gedichte,
ich war erschüttert. Ich glaube, ich zitterte. Lange dachte ich über
Born nach, einen der begabtesten, liebenswertesten Autoren seiner
Generation.“ Und der Wegbegleiter Günter Grass widerrief die Endgültigkeit
des Todes von Nicolas Born: „Man möchte seine Rückkehr einklagen und
dem Tod, diesem Macher, die Fälschung nachweisen. Er soll wieder da
sein, mehr geben, alles [...]“
Der bittere Abschied macht auch nach über zwanzig Jahren noch deutlich,
wie groß der menschliche und künstlerische Verlust war, den die
deutsche Nachkriegsliteratur damals erlitt. Nicolas Born war als Autor
und Mensch eine Ausnahmeerscheinung, ein Repräsentant seiner Generation
und seiner Zeit, aber dennoch ein Einzelgänger und Solitär, er war
Vorbild, ohne dass man ihn nachahmen konnte, er blieb sich treu, ohne
die anderen in Stich zu lassen.
Dabei schien sein Lebensweg anfangs nur die Prägungen und Widerstände
nachzuzeichnen, die für die Generation nach Auschwitz typisch sind.
Klaus Jürgen Born, am 31. Dezember 1937 in Duisburg geboren, erfährt
als Kind Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau im Ruhrgebiet. Den Beruf
als Chemigraph (Druckplattenhersteller) übt er, inzwischen verheiratet
und Vater einer Tochter, ein Dutzend Jahre aus. Doch 1964 kommt der
Bruch, ausgelöst durch erste Kontakte zum Literarischen Colloquium
Berlin. Die Literatur, das Schreiben von Lyrik und Prosa, bestimmt
zunehmend das Leben Borns: Trennung und schließlich Scheidung von
seiner Frau, Umzug nach Berlin, Lesungen vor der Gruppe 47, Engagement für
Willy Brandts „Wahlkontor“, ein erster Förderungspreis (noch aus
Nordrhein-Westfalen), Austritt aus der SPD, Protestaktionen bei der APO
– in dieser Generation hundertfach erfahrene Chancen und Verwerfungen.
Doch Nicolas Born verliert sich nicht in diesen biografischen Brüchen.
Seine Herkunft ermöglicht die kritische Distanz zum überhitzten
Theorie-Diskurs der Studentenschaft, seine Romane und Gedichte
widersetzen sich dem mainstream. Allzu gängige Klischees von oben und
unten korrigiert er mit feinem Strich: „Reiche haben mich gespeist /
als ich besoffen vor Elend / in die Bungalows einfiel. / .../ Arme aber
haben mich geschunden / Arme haben mich betrogen und vermurkst / teilten
nicht ihr Brot mit mir“ („Seitensprung“).
Hermann Peter Piwitt porträtiert in seinem Roman „Deutschland.
Versuch einer Heimkehr“ (1981) den Freund Born: „Er hatte eine Lehre
hinter sich und eine Arbeitsstelle aufgegeben wegen Berlin. Er war in
der Gewerkschaft und hatte Frau und Kind. Das heißt, er war anders als
wir, die wir studiert und mit der Welt, wo mit Händen gearbeitet wird,
allenfalls geflirtet hatten.“ Als die Berliner-Szene immer mehr zur
narzistischen Pose neigt oder in den Untergrund steigt, geht Born,
inzwischen wieder verheiratet und bald erneut Vater, als Stipendiat im
Jahr 1969 in die USA. Weitere Erfolge und Auszeichnungen als Autor ermöglichen
es der Familie, sich 1972 im niedersächsischen Wendland ein Bauernhaus
zu kaufen, ganz in der Nähe von Freunden: ein Katzensprung zu Hans
Christoph Buch, ein kurzer Weg zu Uwe Bremer und den Rixdorfer Druckern
in Schloß Gümse, wo sich, wie 1975 beim „Rixdorfer Laboratorium“,
alle wiedersehen: HC Artmann und Christoph Derschau, Gert Loschütz und
Jürgen Theobaldy, Hans Joachim Schädlich und Reinhard Lettau. Die
weitläufige und dünn besiedelte Elb-Region im Schatten der DDR-Grenze
ist für Born kein Idyll. Frei von Illusionen über vermeintlich glückliche
Kühe und bukolisches Ambiente, wählt er den Ort, an dem Schreiben möglich
wird: Konzentration und Kulisse zugleich für ein bewußtes Leben, das
hinter, jenseits des von ihm attackierten „Wahnsystems Realität“
liegen sollte.
Born erfaßt schnell den Reichtum der Auen, Wälder und Täler, er
begreift die Landschaft als vorher nicht für möglich gehaltene Heimat,
„in der er sich in verschwiegenen Momenten auch begraben vorstellte“
(so sein Protagonist Georg Laschen im Roman „Die Fälschung“). Die
Begeisterung für das Wendland nährt sich auch aus der Summe der
erfahrenen Bedrohungen, denn neben der privaten Katastrophe des
Hausbrandes 1976 mit dem Verlust fast aller Manuskripte und Unterlagen kündigt
sich ein Jahr später mit der Benennung Gorlebens als geplantem
Zwischen- und Endlagerstandort für radioaktive Abfälle eine Zuspitzung
der politischen Auseinandersetzungen an. Zusammen mit befreundeten Künstlern
und Journalisten engagiert sich Born im Widerstand gegen die Pläne der
Landesregierung. Der von Hans Christoph Buch initiierte Aufruf „Keine
Atommülldeponie“ trägt auch seine Unterschrift; die „Rede in
Gorleben“ vom 12. März 1977 und Borns Ansprache bei der Verleihung
des Bremer Literaturpreises sind bleibende Zeugnisse einer engagierten
Literatur. Bis in die jüngste Zeit hinein sieht man bei
Castor-Demonstrationen den Born-Satz „Die Ruhe auf dem Lande ist oft
stille Wut“ auf Transparenten der Wendländer.
Das in dieser Frage wichtigste Gedicht „Entsorgt“ dreht den
semantischen Aberwitz der atomaren “Entsorgungspark“-Betreiber um
und fordert die Sorgen als unverzichtbares Humanum ein: „Das sorgend
Schöne fehlt mir an Krypton
und / Jod 129. Mir fehlt die
Zukunft der Zukunft / mir
fehlt sie.“ Aber Borns politische Radikalität ist auch radikal human.
Seine Literatur ist heute noch ein kreativer Speicher, ein
vielschichtiges Angebot auf die Frage, wie man denn umgehen soll mit
Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Not und Menschenverachtung. Born ist
konsequent, wo es um die Sache geht, aber er versucht nie den Gegner zu
vernichten; er respektiert den anderen, will ihn verstehen, ohne alles
zu verzeihen. Er sorgt sich um das Weiterleben und Wohlergehen, und
schreibt dann: „Ich will nicht immer wüten und abgehen. / Gesagt hab
ich mal, daß einer zum Krüppel wird / wenn er seiner Zeit böse
bleibt“ („Elbholz“). Das ist Borns Vermächtnis, das er vorlebte
und vor-schrieb: Sich engagieren, wehren, kämpfen, aber sich nicht verhärten,
nicht dem Haß die Oberhand lassen: Wem das gelingt, der erlebt, was
Born im Elbholz erfuhr: „du gehst, als gingst du unter Freunden“.
Am Rande der alten Republik wohnend, wird Nicolas Born in diesen letzten
Jahren eine stetig wachsende Anerkennung zuteil, die Gastdozentur an der
Universität Essen, die Mitgliedschaften in den Akademien von Mainz und
Darmstadt sowie in der Jury des Petrarca-Preises, die Aufnahme in den
PEN, die Tätigkeit als Herausgeber des „Literaturmagazin“ und die
Berufung in das Amt des „Stadtschreibers“ von Bergen-Enkheim zeigen
Born auf dem Höhepunkt des Schaffens, als er, beschäftigt mit dem
Wiederaufbau eines alten Backhauses im Garten seines Grundstückes, an
Krebs erkrankt. Mehrere Operationen können das Ende nur verzögern. Am
7. Dezember 1979 stirbt Nicolas Born in seinem Haus in Breese bei
Dannenberg. Sein Grabstein, gestaltet vom Bildhauer Klaus Müller-Klug,
steht bei Damnatz am Elbdeich.
Was bleibt, ist sein vielfältiges schriftstellerisches Schaffen, ein
von der Wissenschaft immer mehr dokumentiertes und erschlossenes Werk,
leider nur in Teilen lieferbar und ohne Gesamtausgabe, aber die großen
Würfe in der Prosa und Lyrik sind zugänglich. Hermann Peter Piwitts
Satz: „Ich wünsche ihm Leser. Wer ihn liest, ist nicht tot. Wer ihn
noch nicht gelesen hat, hat sein Leben noch vor sich“ ist mehr als
eine Verneigung vor dem alten Freund. Denn die Lektüre des Hauptwerkes
„Die Fälschung“ (1979) bestätigt immer wieder den radikal
ernsthaften Anspruch des Autors Born auf Wahrheit und Genauigkeit.
Es war ein scharfer Disput über journalistische Verantwortlichkeit mit
dem Stern-Reporter Kai Hermann, seinem wendländischen Nachbarn, der
Born den Libanon-Krieg als Folie seiner Geschichte um den Reporter Georg
Laschen wählen ließ: „Vielleicht waren alle Fotos von der
Wirklichkeit nicht in Ordnung, falsch, alle Sätze über die
Wirklichkeit falsch. Es passierte dabei etwas mit der Wirklichkeit [...]
Er haßte die eigenen Berichte, ohne bisher mit dem Haß in sich zu
dringen, er haßte sie besonders, wenn sie fertig waren und gedruckt,
dann sah er sich selbst in den Sätzen sitzen und feixen, obszöne
zweideutige Winke geben, sich hindurchwagen und lügen durch ein Lügengewebe,
sich hindurchschlagen und hindurchbehaupten [...]“
Die Brutalität der Kontrahenten, das Leiden der Zivilbevölkerung und
die Abgebrühtheit der Berichterstatter verschärfen die innere Krise
Laschens, der sich fragt, „was ihm dieses stille, langanhaltende,
weiche, flaue Entsetzen in den Bauch und in den Kopf zugleich
hineintrieb“. Dabei hat er im zerbombten Beirut immer wieder Bilder
des friedlichen Wendlands vor Augen: „Diese Landschaft“, so heißt
es da, „erschien ihm manchmal in den raschen, von treibenden Wolken
verursachten Lichtwechseln als eine Meerestiefe, die einem beim
Hinabschauen entgegenfliegt, bis sie sich in einem weiten schwellenden
Ring auflöst und den Blick freigibt auf immer neue, tiefere Gründe.“
Weder die Wiederbelebung der in Routine erstarrten Ehe daheim noch die
erwünschte Beziehung zur deutschen Botschaftssekretärin gelingen. Die
erlebten Massaker werden unerträglich, eine Rückkehr ins Alltagsleben
erscheint immer unmöglicher. Born geht und schreibt da konsequent
weiter, wo man gewöhnlicher Weise resignierend sagt: „Eigentlich müßte
man jetzt...“. Er hat die Arbeit der Kriegsreporter aller Länder mit
dem Skalpell seziert. Herausgekommen ist ein Roman, der in seiner
Weigerung, das Leid zu akzeptieren und darstellbar, also verfügbar, zu
machen, zutiefst human ist. Das Buch ist geprägt von stilistischer
Sorgfalt und sprachlich federnder Eleganz. Man möchte ganze Sätze, ja
Passagen anstreichen, ein Ausrufezeichen an den Rand setzen, und spürt
doch, dass es dem Autor nicht um Merksätze oder Belehrungen geht. Die
Leser haben die Wucht der „Fälschung“ gespürt, das Feuilleton
reagierte begeistert.
Volker Schlöndorff verfilmte den Roman mit Bruno Ganz in der Rolle des
Laschen, und die Kritik lobte: Der „virtuos inszenierte Film steht in
seiner Entschiedenheit der des Buches in nichts nach“. Und als die
Zeitung „MediumMagazin“ in den Jahren 2000 und 2001 wichtige
Journalisten vorstellte, wurden bei der Frage nach einem Buch oder einem
Beitrag über Ethik im Journalismus von Manfred Krupp (Chefredakteur
Hessischer Rundfunk), Ulrike Droll (Chefredakteurin „Cosmopolitan“)
und n-tv-Moderatorin Sandra Maischberger Nicolas Born und „Die Fälschung“
als Buch oder Film genannt.
Vor diesem letzten Roman treten die anderen Prosawerke Borns ein wenig
zurück. „Die erdabgewandte Seite der Geschichte“ (Roman, 1976) ging
in die Lesebücher ein, besonders die Passagen über den Tod Benno
Ohnesorgs gelten als literarisches Zeitdokument zur Außerparlamentarischen
Opposition. Die posthum edierten „Täterskizzen“ (1983) versammeln
die Erzählungen, „Die Welt der Maschine“ Borns Aufsätze und Reden
(1980). Immer wieder neu zu entdecken sind die herrlich verrückten
Geschichten um „Oton und Iton“ aus dem gleichnamigen Kinderbuch
(1973): „Oton und Iton bogen ahnungslos um eine Ecke in der vierten
Dimension, als sie das Glück sahen. Es war ein bißchen magerer, als
man es sich vorstellt, und trug einen Regenmantel, um nicht naß zu
werden, und es regnete nicht. An dem Regenmantel fehlte ein Ärmel. Oton
und Iton überlegten, ob das ein Symbol war oder wirklich vom vielen
Festhalten kam.“ Borns Vielseitigkeit zeigt sich so auch an der Fülle
der literarischen und journalistischen Genres, die er beherrscht.
Doch das zweite gewichtige Feld neben der Prosa ist das lyrische Werk
Borns. Die Einzelbände wie „Marktlage“ (1967), „Wo mir der Kopf
steht“ (1970), „Das Auge des Entdeckers“ (1972) und andere Lyrik
wurden in dem Band „Gedichte 1967-1978“ zusammengefaßt. Sie sperren
sich in ihrer Individualität und sprachlichen Kennung gegen die so oft
zitierte Schubladen-Formel von der „neuen Subjektivität“.
Sein Verleger Heinrich-Maria Ledig-Rowohlt sagte am Grab: „Seit der
ersten Lektüre seiner Gedichte haben mich Borns Redlichkeit, seine
Geradheit, seine ernste Trauer über die Verelendung unseres inneren und
äußeren Lebens tief bewegt“. Und alle Gedichte zeigen das, was Günter
Kunert in Born sah: „eine schutzlose Gestalt, immer Betroffener, nie
Unbeteiligter“ – Born nennt es die „zärtliche Berührung mit dem
Leben.“
Und so kann man heute in den Gedichten alles lesen, ohne je in
Beliebigkeit zu verfallen: Der wütende Protest in „entsorgt“ gegen
eine Welt „am Tropf der Systeme“, die unvergessliche Schilderung der
Elblandschaft im „Elbholz“-Gedicht, ein Hymnus auf die sich selbst
schöpfende Natur („kein Mensch könnte das in Unordnung halten / dies
klare Durcheinander des Wachsenden / übereinander Hergefallenen“),
zugleich ein Abschiedscarmen an die Freunde ("wenn ich sterbe will ich
allein sein, / nichts mich berühren, nichts verwischen / kein Wort / es
soll alles echt aussehen"). Und noch einer veralteten Technik kann Born
ein Bild abgewinnen: „Ein Zug ist eingefahren; wenn er steht, hört man
ihn knistern und stöhnen. Das Material erschöpft / und müde“
(„Bahnhof Lüneburg, 30. April 1976“).
Die poetische Verwandlung, die Gegenstände, Orte, Landschaften, aber
auch Lebewesen und schließlich wir Menschen als Individuen in diesen
Gedichten erfahren und erlesen, geht auf Borns Technik des bewußten
Anschreibens gegen die Realität zurück: „Wenn ich in einem Gedicht
geschrieben habe, ´Kunst heißt das Leben mit Präzision verfehlen`,
meinte ich, ... daß Kunst nicht eine Kopie des Lebens sein soll, nicht
eine Fälschung von Meisterhand sein soll. Aber das Leben muß mit
Präzision verfehlt werden, Kunst darf nicht einfach am Leben
vorbeigehen. Sie muß das Leben verfehlen in gleichzeitig sicherer und
gefährlicher Distanz“ („Autobiographie“).
Zwei Jahrzehnte nach Borns Tod gibt es eine Renaissance seiner Werke,
nimmt die Zahl der Leser zu, die seinem Diktum „Das Mögliche muß
sich im Trommelfeuer der Medien erst wieder einführen“
(„Autobiographie“) zustimmen. Die Literaturwissenschaft ortet ihn
heute, zusammen mit Rolf-Dieter Brinkmann, auch als frühen Begründer
der experimentellen Popliteratur.
Die 2000 gegründete Nicolas Born-Stiftung im Wendland pflegt und fördert
Literatur und Wissenschaft in seinem Geist und baut ein Born-Archiv auf.
Lesungen, Ausstellungen und Veranstaltungen in der Stipendiatenstätte Künstlerhof
Schreyahn galten seinem 20. Todestag, zusammengefaßt im Gedenkbuch
„Der Landvermesser“ (1999), das auch die Stimmen der Freunde
vereint. F. C. Delius sagte über Born: „Ich wüßte keinen Freund,
der so vielen Freund war, wie kein anderer unserer Generation
Mittelpunkt vieler Freundschaften zu sehr verschiedenen Autoren“. Da
klingt es wie nachgetragener Dank, dass viele Autoren dem „Landvermesser“-Band
ihre Epitaph-Gedichte als Autograph gaben: unter ihnen Grass und Handke,
Rühmkorf und Vesper, Theobaldy und Buch, Kolbe und Taschau, Herms und
Kattner. Von Uwe Bremer und Klaus Müller-Klug kamen Grafiken und
Zeichnungen.
In Dannenberg erinnert eine Ausstellung an Born. Die dortige Bücherei
trägt seit 2001 seinen Namen. Der im Jahr 2000 eingerichtete Nicolas
Born-Preis des Landes Niedersachsen (bisher an Adam Seide, Jan-Philipp
Reemtsma und Walter Kempowski vergeben) verdeutlicht noch einmal die
zunehmende Resonanz. Günter Grass, der in seinem Born gewidmeten Roman
„Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus“ (1980) den langen
Abschied vom Freund schildert, schrieb im Mai 2000 an den niedersächsischen
Minister für Wissenschaft und Kultur: „Mit der Benennung eines
bedeutenden Preises nach Nicolas Born ehrt sich auch das Land
Niedersachsen, dem er, wie ich weiß, verbunden gewesen ist.“
Doch alle Ehrungen, Würdigungen und Auszeichnungen sind nur Wege hin zu
einem der großen Autoren Deutschlands, führen stets zurück auf sein
Werk, frei von Personenkult und Mythologisierung. „Wir schreiben
weiter und werden ihn nicht verklären“, versprach sein Kollege, der
Schriftsteller Günter Herburger – bedenkenswert, wenn man liest, dass
Ledig-Rowohlt in Born einen „werdenden deutschen Camus“ sah!
Nicolas Born hat in seiner Literatur den eigenen, frühen Tod überwunden,
als er in seiner „Autobiographie“ die Vision eines Ernst Bloch für
sich weiterdachte: „Als Kinder hatten wir einen radikalen und
absoluten Anspruch an die Welt: den Anspruch auf Glück,
Unsterblichkeit. Dieser Anspruch muß wieder eingeführt werden. Erst
dann werden wir uns voll bewußt, was wir alles entbehren und um was wir
alles betrogen sind“ – Borns literarisches Werk kann der Schlüssel
dazu sein.
Werke:
Der zweite Tag. Roman. Köln 1965
Das Gästehaus. Gemeinschaftsroman des LCB (mit einem Kapitel von N.
Born). Berlin 1965
Marktlage. Gedichte. Köln 1967
Wo mir der Kopf steht. Gedichte. Köln 1970
Das Auge des Entdeckers. Gedichte. Reinbek. 1972
Oton und Iton. Abenteuer in der vierten Dimension. Kinderbuch. Reinbek
1973
Literaturmagazin. Nr. 3, Nr. 6 - 12, hrsg. von Nicolas Born. Reinbek
1975ff
Die erdabgewandte Seite der Geschichte. Roman. Reinbek 1976
Gedichte 1967-1978. Reinbek 1978 (Jubiläumsausgabe 1983)
Die Fälschung. Roman. Reinbek 1979
Die Welt der Maschine. Aufsätze und Reden. Hrsg. v. R. Haufs. Reinbek
1980
Täterskizzen. Erzählungen. Hrsg. v. R. Junkereit. Reinbek 1983
Gedichte. (Auswahl). Hrsg. und mit einem Nachwort von P. Handke.
Frankfurt 1990
Über Nicolas Born:
Der Landvermesser. Gedenkbuch für Nicolas Born. Hrsg. v. C. Beyer
und A. Kahrs. Lüneburg 1999
Zur
Auswahl
|