Hinrichtung.
Beim Singen frommer Hymnen hören sie seltsame Geräusche und beobachten
durch die Türritzen, was in der Küche vor sich geht: Der Statthalter
Dulcitius, der über sie Gericht halten soll, seine Macht über die „auserlesenen
Mägdelein“ jedoch nur allzu gern missbrauchen würde, tappt zwischen
Töpfen, Kesseln, Tiegeln umher, die er, mutmaßlich volltrunken, mit
den Gefangenen verwechselt. Seht nur, dieser Tor,/ der den Verstand
verlor, /als ob er in unseren
Armen läge, so kommt’s ihm vor.
Die
Szene verblüfft nicht nur durch ihre Komik, die in irritierendem
Gegensatz zu der auf den ersten Blick tragischen Handlung steht
(tragisch aus unserer Sicht, nicht aus der Hrotsviths, die den Märtyrertod
als Ritterschlag für die himmlische Hierarchie betrachtet); sie
arbeitet vor allem eine Haltung weiblicher Überlegenheit heraus, die
uns bei einem Klosterfräulein des 10. Jahrhunderts überrascht. Die
Todgeweihten machen sich über ihren disziplinlosen Richter lustig. Jetzt
wärmt er Töpfe im weichen Schoß,/ umarmt jetzt Tiegel, Kessel groß,/
nun geht ein sanftes Küssen los. – Lächerlich. Ausdruck findet
hier auch die Verachtung Hrotsviths für die physische Liebe, über die
sie offenbar mehr weiß, als wir bei einer Nonne voraussetzen würden;
freilich lebte sie in einer Zeit, die in keiner Weise prüde war. Dass
Hrotsvith von Gandersheim nicht nur aus der Stiftsbibliothek, sondern
auch aus der Anschauung schöpfte, macht die besten ihrer Dramen so
lebendig, dass man sie heute noch mit Vergnügen liest, auch wenn ihre
Heiligenbildchen-Naivität sie unaufführbar erscheinen lässt. Es hat
gute Gründe, dass die nach Hrotsvith benannten Theaterfestspiele von
Gandersheim, nach einem umstrittenen Versuch mit dem „Pafnutius“
1978/79, das Werk der
ersten deutschen Dramatikerin ignorieren. Diese Stücke sind auch nicht
zur Aufführung bestimmt gewesen, sondern zum Lesen und Vorlesen in
einem kleinen, vertrauten Kreis von Nonnen und Geistlichen.
Hrotsvith
schrieb lateinisch; das war die Umgangssprache der hochgebildeten
adlig-klerikalen Gesellschaftsschicht, in der sie sich bewegte. Als sie
– etwa 935 – geboren wurde, waren 150 Jahre vergangen, seitdem
das Volk, dem sie angehörte, die Sachsen, von Karl dem Großen besiegt
und christianisiert worden waren. In dem von dichten Wäldern überzogenen
Sachsenland wurde nicht mehr in der freien Natur, an heiligen Bäumen,
Quellen und Steinen, den heidnischen
Göttern geopfert, sondern überall wurden für den christlichen Gott
Kirchen und Klöster errichtet, darunter das Stift zu Gandersheim,
dessen Geschichte die Kanonissin in ihrem Epos „De constructione
coenobii Gandersheimensis“ in Verse gefasst hat. Dennoch blieben auch
unter den christianisierten Sachsen Religion und Natur eng verbunden,
dafür finden sich im Werk der Hrotsvith zahlreiche Belege, z.B. die
Mythisierung des Bauplatzes: Wo Faun und Unhold einst sich bargen/ da
säubert den Ort er
zu frommen Zwecken. Auch die göttliche
Beeinflussung der Bauplanung durch mehrere Wunder wird in Bildern der
Naturnähe beschrieben: Schweinehirten des Klostergründers Graf Ludolf,
die im Wald nah der Gande in einer Hütte lagern, sehen eines Nachts gar
viele Lichter/ den nächtigen Wald mit Glanz erfüllen,
ein möglicherweise ganz natürliches Phänomen, das gedeutet wird als
Hinweis auf den gottgewünschten Gründungsort im waldigen Tale.
Das Baumaterial wird in einem nahegelegenen Steinbruch gefunden,
wohin die Stiftsherrin Oda, begleitet von erfahrenen Steinbehauern,
eine Taube führt. Viel Felsgestein kam da zutage,/ genug, um rasch
den Bau der Kirche/ und auch die Klostermauern zu vollenden.
Mit dem Christentum verlagerte sich die Begegnung mit Gott aus der
Natur in die Architektur. Hrotsviths Werk ist geprägt von einer Übergangszeit.
Die
Baugeschichte des Klosters war offenbar, wie auch die „Gesta Oddonis
I. imperatoris“, die Lebensbeschreibung Kaiser Ottos I., eine
Auftragsarbeit.
Nachdem die Dichtkunst der Kanonissin bekannt geworden war, wurde sie
ausdrücklich in den Dienst der Klostereigner genommen. Das Stift
Gandersheim war das „Hauskloster“ der Ludolfinger, eines
Adelsgeschlechts, das die Liquidierung der sächsischen Elite durch Karl
den Großen überlebt hatte und in dem geschichtlichen Moment, als
Erbteilungen und Bruderkriege die Macht der Karolinger verschlissen
hatten, in das politische Vakuum eingetreten war. Mit
Verhandlungsgeschick und Kriegsglück führten die Ludolfinger das Reich
im 10. Jahrhunderts zu einer neuen Blüte. König Heinrich I. konnte,
als er 936 starb, seinem Sohn Otto I. ein befriedetes und
prosperierendes Land hinterlassen. Das war kurz vor oder nach Hrotsviths
Geburt. Dem ehrgeizigen sächsischen Adel war bewusst, dass eine
Integration in das Reich nur um den Preis vollkommener Christianisierung
zu erreichen war. Die zahlreichen Klostergründungen jener Zeit hatten,
als Demonstrationen der noch nicht ganz selbstverständlichen Frömmigkeit,
auch einen politischen Aspekt. Wenn also Markgraf Ludolf (den Hrotsvith
in ihrem Gründungsepos zum Herzog erhebt) 852 nicht weit von seinem
Stammsitz Altgandersheim ein Hauskloster gründete, das wenig später in
den Neubau von Gandersheim verlagert wurde, dann mit der Absicht, die
Aura umzuwidmen, die nach Stammestradition dem Erbsitz als „Ahnengrab,
Kult- und Dingstätte“
zugekommen war. Hrotsvith wuchs in eine Welt hinein, in der das Glück
des Herrschers als Funktion seines christlichen Glaubens interpretiert
wurde. In der Substanz handelte es sich jedoch um eine Übertragung des
germanischen „Königsheils“ auf ein christliches Herrscherbild. Die
Ludolfinger besaßen in hohem Maß das Charisma, das in der heidnischen
Welt Führungsanspruch legitimiert hatte. In seinem König verehrte das
Volk nach wie vor „den heilsbegabten Göttersohn und Götterliebling“
, was der Kirche durchaus
missfiel. Es dauerte Jahrhunderte, ehe es ihr gelang, dem machthabenden
Adel den Rest von Heidentum auszutreiben und das Charisma des Herrschers
als Resultat seiner moralischen Vorzüge erscheinen zu lassen. Diese
Ambivalenz spiegelt sich in Hrotsviths rund hundert Jahre später
verfasstem Bauherren-Lob. Sie verbindet die charismatische mit der
moralischen Legitimation, indem sie einerseits betont, der Ahnherr
erweise sich durch Sittenstrenge und rechtschaffenes Wesen
seiner adlige Abkunft würdig, andererseits aber seine Beliebtheit
beim sächsischen Volk - ganz im charismatischen Vokabular - darauf zurückführt,
dass er von wackrer Gesinnung und seltener Schönheit,/ stets weise
in Worten, vorsichtig im Handeln [...] die Hoffnung und Zier seines
Stammes“
gewesen sei.
Das
Kanonissinnenstift Gandersheim darf man sich nicht als irgendeine
weltferne Klause vorstellen. Es war vielmehr das geistliche Zentrum, aus
dem die Machtentfaltung der Ludolfinger ihre christliche Legitimation
bezog. Seit seiner Gründung standen Äbtissinnen aus diesem Hause dem
Stift vor und gewannen desto mehr Ansehen, je höher das Geschlecht in
der Reichshierarchie stieg. Oda,
die Gattin des Klostergründers, war in Hrotsviths Zeit schon eine
Legende. Das Ehepaar Ludolf und Oda war gemeinsam nach Rom gereist, um
bei Papst Sergius Reliquien für die Gruft des zukünftigen
Gandersheimer Domes zu erbitten; er hatte ihnen die Gebeine der heilig
gesprochenen Päpste Anastasius und Innozentius überlassen, die nach
Fertigstellung des Baus dorthin überführt wurden. Odas Stellung im
Familienclan war sehr stark, da bis ins 11. Jahrhundert „die
Verwandtschaft der Frau , Mutter, Großmutter eine ausschlaggebende
Bedeutung [besaß], besonders, wenn der vornehmere Adel [...) auf der mütterlichen
Seite“
lag. Sie kam nur hin und wieder zu Besuch ins Kloster, solange sie an
der Seite ihres Mannes mit weltlichen Dingen beschäftigt war: Wenn
ihre Enkel, hohe Herrn und Damen,/ im Glanze ihrer stolzen Würden,/ ihr
schuldige Ehre zu erweisen kamen,/ dann überboten sie sich mit
Geschenken,/ die sie der Königsschwiegermutter, ihrer Ahnin brachten. .
Erst als Witwe zog sie ins Stift, wo sie – 107-jährig - im Jahr 913
starb. Hrotsviths Äbtissin Gerberga war eine Nichte Ottos I. In ihren
Widmungen huldigt Hrotsvith ausdrücklich Gerbergas vornehme Abkunft. In
dem Heil dir, Gerberg, Königssprössling -!
schwingt die charismatische Aura mit, an der offenbar auch die
weiblichen Mitglieder der Königsfamilie teil hatten.
Gerberga
war offenbar eine literarisch gebildete Frau, von der Hrotsvith, wie sie
im Vorwort zu ihren „Legenden“ schreibt, viel für ihre
Schriftstellerei gelernt hat. (Es fragt sich nur, ob die ordnende Hand
der Äbtissin Hrotsviths Talent wirklich gefördert, ob sie es nicht
vielmehr schablonisiert hat.) Die Stiftsdamen waren Kanonissinnen, das
heißt, sie behielten den Kontakt zu ihren Familien und Freunden und
durften, wenn sie wollten, auch wieder austreten, um zu heiraten. Das
wird nicht für alle gleichermaßen erstrebenswert gewesen sein. Da der
Adel seine Söhne und Töchter in der Regel aus politischem und
wirtschaftlichem Kalkül vermählte, war der Ehestand nicht unbedingt
eine Garantie für ein glückliches Leben, zumal die Frauen oft im
Kindbett starben. Das Kloster bot ihnen eine Chance, sich, entsagend
völlig irdischer Liebe,
ungehinderten Zugang zur Welt der Wissenschaft, der Philosophie, der
Literatur zu verschaffen. Die Klöster mit ihren Bibliotheken waren im
frühen Mittelalter die eigentlichen Zentren des geistigen Lebens; die
Frauenklöster bildeten da keine Ausnahme, seit im Konzil von Aachen
(817) den Nonnen das Lesen und Schreiben (auf Lateinisch) zur Pflicht
gemacht worden war.
Von
der irdischen Liebe hielt Hrotsvith offenbar nichts. Ihr Werk
ideologisiert die Jungfräulichkeit als Hort der Reinheit in einer Welt,
die sie als zutiefst verdorben darstellt. Sie wusste erstaunlich viel über
menschliche Abgründe. Was sie nicht nachlesen konnte, ließ sie sich
erzählen, wie die Geschichte des Pelagius, die ihr ein Bürger der
Stadt, in der er litt, berichtet
habe - ein Spanier aus Cordoba muss demnach im fernen Sachsenland die
Kanonissin über den Sachverhalt der Homosexualität aufgeklärt haben.
In ihrem Drama „Calimachus“ schildert sie sogar einen Fall gerade
noch verhinderter Leichenschändung durch den Liebhaber der Toten. Über
ihre Herkunft gibt es keine Zeugnisse, es ist noch nicht einmal sicher,
ob „Hrotsvith“ – (altsächsisch Hrôt-swîth, „ruhmstark“ ,
von ihr übersetzt als Clamor Validus, „klangstark“) ihr
eigentlicher oder vielmehr ein angenommener Name war, mit dem sie sich
als Dichterin profilieren wollte. Sie scheint sehr jung in das Stift
gekommen zu sein; vielleicht war sie eine Waise. Wenn sie ohne Vermögen
war, hatte sie ohnehin keine Aussicht auf eine vorteilhafte Heirat.
Heiraten oder nicht (sich verheiraten lassen oder nicht) dürfte im
Stift ein Thema ohne Ende gewesen sein.
Das
Privileg, sich nach allen Seiten hin zu bilden, schöpfte Hrotsvith
jedenfalls aus. Ich kann nicht leugnen, durch des Schöpfers Gnade
drang ich vor in der Wissenschaft. Die
Bücher, die sie in der Stiftsbibliothek fand, waren lateinisch.
Wahrscheinlich benutzten die gebildeten sächsischen Kanonissinnen das
Lateinische sogar im Alltag. Zwar hatte es in Deutschland bereits Anfänge
einer volkssprachigen Literatur gegeben, zumal Karl der Große solche
Bestrebungen förderte, doch ist aus der Ära der Ludolfinger kein
deutscher Text von Rang erhalten. Es war die Zeit des sprachlichen
Umbruchs vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen, und wer auf sich
hielt, schrieb lateinisch. Was die Texte der Hrotsvith betrifft, ist das
besonders schade, denn die erste deutsche Dramatikerin ist uns nur in Übersetzungen
zugänglich. Dass sie sich im Lateinischen besonders elegant und
anstrengungslos ausdrücken konnte, hilft uns auch nicht weiter, da die
vorliegenden Übersetzungen uns diese Eleganz und Leichtigkeit nur ahnen
lassen.
Vermutlich
hat sie ihre Lektüre mit den Heiligenlegenden begonnen, die in den
Klosterbibliotheken eine Art Grundstock bildeten. Sie muss auch Zugang
zu apokryphen Schriften gehabt und daraus zitiert haben, denn sie sieht
sich gezwungen, entsprechende Vorwürfe zurückzuweisen: Wer mir aber
vorwirft, ich hätte Stellen in diesem Werk den Apokryphen entlehnt und
diese dadurch anerkannt, dem erkläre ich, dass es nicht absichtlich
geschehen ist, sondern aus Unwissenheit. Weitaus gewagter war
es noch, Dramen im Stil des Terenz zu verfassen. Der Zufall hat bei der
Auswahl ihrer Lektüre offensichtlich eine große Rolle gespielt. Heimlich
und verborgen wie eine Diebin
begann Hrotsvith auf der Tenne, ihrem Zufluchtsort, zu schreiben.
Das erste ihrer Sujets ist die Geburt und der lobesame Lebenswandel
der
Jungfrau Maria, ein konventioneller Stoff, den sie originell variiert.
In lebensnahen Details ist sie sehr realistisch. Die Jungfräulichkeit
der Mutter Gottes arbeitet sie geradezu wissenschaftlich heraus, sie
erklärt genau, wieso Maria es riskieren kann, den sehr viel älteren
Joseph zu heiraten, sie erwähnt, dass diesem die Schwangerschaft seiner
jungen Frau Kummer bereitet und lässt ihn schließlich in Bethlehem
zwei Ammen zur Krippe bitten, von denen die eine Marias Jungfräulichkeit,
also das auch nach der Geburt noch intakte Hymen, konstatiert, während
die andere durch einen schmerzhaften Wink des Himmels davon abgehalten
wird, sich ebenfalls davon zu überzeugen. Die akribische Recherche des
Wirklichkeitsanteils verbindet sich bruchlos mit phantastischen
Wunderberichten und ergibt eine ganz besondere, kurzweilige Form des Erzählens.
Es sind heitere Wunder, die das Jesuskind vollbringt, Löwen werden in
seiner Gegenwart friedlich wie Lämmer, eine Palme beugt den Stamm,
damit Maria Datteln pflücken kann – später wird Hrotsvith die
himmlischen Eingriffe vor allem den schrecklich gequälten Märtyrerinnen
zugute kommen lassen. Sie scheint es durchaus auch darauf angelegt zu
haben, ihre Zuhörerinnen zum Lachen zu bringen, denn die Ehebrecherin,
die in der entsprechenden Legende den Tod ihres tugendhaften Ehemannes
Gongolf verschuldet, wird auf groteske Art bestraft. Nachdem sie Gott
auf höchst vulgäre Art gelästert hat - an Gongolfs Grab geschähen
genauso wenig Wunder wie ihr Hinterteil Wunder produziere – wird sie
von Blähungen befallen. - Die Legende des „Pelagius“ spielt in
Cordoba unter der Sarazenenherrschaft und verblüfft durch die Freizügigkeit,
mit der das Thema Homosexualität behandelt wird. Pelagius, ein hübscher
junger Mann, wird zum Märtyrer, weil er dem Herrscher, der ihn zu küssen
versucht, die Faust ins Gesicht schlägt.
In
ihrer hagiographischen Lektüre, die ja auch von geschichtlichen
Ereignissen handelt, lernt Hrotsvith die Welt als einen Ort
hundertfacher Versuchung kennen. Doch während die herkömmlichen
Heiligenlegenden vor allem die Standhaftigkeit der Märtyrer/innen
herausarbeiten, entzündet sich ihre Phantasie an der Vielfalt dieser
Verführung, sie will wissen, warum der Teufel immer wieder zum Zug
kommt. Meist ist es die irdische Liebe, in der junge Männer maßlos
entbrennen, so dass sie ihre Seele dem Teufel verkaufen, und dieser
beeinflusst dann die Geliebte entsprechend, damit sie sich auf die
Verbindung einlässt („Basilius“). Leidenschaft ist immer und überall
Teufelswerk. Aber auch der Wunsch nach Karriere verführt eventuell zu
einem Pakt mit dem Bösen („Theophilus“). Hrotsvith ist zu
realistisch, um an die moralische Vollkommenheit von Menschen zu
glauben; der schon im Leben „heilige“ Gongolf gerät ihr zu einer
fast komischen Figur. Sie ist aber auch gläubig, und die Frage, die sie
in diesem Zusammenhang am meisten interessiert, ist die, ob für den Sünder
bzw. die Sünderin wirklich alles zu spät ist, oder ob er/sie noch eine
Chance bekommt.
In
der „Faust“-Variante, die sie in der Legende vom „Theophilus“
entwickelt, wird der Häretiker, der Christus verleugnet, also die
schlimmste aller Sünden begeht, durch Vermittlung der Jungfrau Maria
von seiner Schuld erlöst. Theologisch gesehen ist es die Frage der
Gnade, der Hrotsvith das höchste Gewicht beimisst. Auch in diesem Punkt
führt sie die neuen christlichen und die tradierten sächsischen Werte
zusammen. Die höchste Tugend des charismatischen Herrschers, der
eigentliche Ausweis seiner göttlichen Aura, ist die milte, die Bereitschaft, zu verzeihen. Diese Eigenschaft wird sie später
in ihren „Gesta Oddonis I. imperatoris“ an Kaiser Otto I. rühmen.
Ihre „Helden“, der Bischof Basilius in der nach ihm benannten
Legende, der es sogar mit dem Leibhaftigen aufnimmt, der Eremit Abraham
in dem gleichnamigen Drama, der sich auf den Weg in die Stadt macht, um
seine Nichte dem Laster zu entreißen, zeichnen sich durch die Großzügigkeit
aus, mit der sie menschliche Verfehlungen verzeihen und die Sünder/innen
in die Gemeinschaft der Frommen zurückholen. In
der Legende „Dionysius“ rechnet Hrotsvith harsch mit einem Priester
ab, der es an Großherzigkeit und Gottvertrauen fehlen lässt, indem er
eine abgefallene Christin mit seinem Zorn verfolgt.
Nachdem
sie Gerberga die ersten fünf Legenden mit Widmung und Bitte um
Korrektur überreicht hatte, scheint die Äbtissin Einfluss auf den Stil
der jungen Dichterin genommen zu haben, denn in den letzten drei
Legenden finden sich keine „Ausrutscher“ mehr; sie sind viel weniger
originell als die ersten, zumal Hrotsvith immer mehr vorgestanzte
Wendungen aus dem Repertoire der rituellen Gebete und Anrufungen
verwendet. Sie schreibt nun nach Plan: wie einst dem Sünder ward
Vergebung/ beschrieb ich in gehobenem Versmaß
- so fasst sie den Inhalt zusammen. Der Sündenfall, um den es im Kern
geht, ist Häresie. Dies ist der Preis, den der Teufel für seine Hilfe
verlangt: Verleugnung Christi, Abfall vom Christentum; ein Thema, das
150 Jahre nach der Zwangsbekehrung der Sachsen vermutlich immer noch
aktuell war. In Hrotsviths Werk bleibt der Teufel selbstverständlich
nie Sieger, die eingekaufte Seele wird ihm, weil die Verführten
bereuen, durch die Vermittlung höherer Instanzen wieder entrissen, er
wird gezwungen, den – in jedem Fall schriftlichen! - Vertrag wieder
herauszugeben. Ungeschoren kommen die Sünder nicht davon, sie müssen
mindestens vierzig Tage lang aktive Buße leisten, bis sie in Gnaden
wieder aufgenommen werden. Irdische Liebe wird nicht als
mildernder Umstand bewertet; im Gegenteil. Aus Hrotsviths Sicht gibt es
nichts Schlimmeres, als eine zum Klosterleben entschlossene junge Frau
zum Bruch ihres Keuschheitsgelübdes zu bewegen. Basilius’ Tochter
soll eigentlich Nonne werden, doch mit teuflischer Hilfe erreicht es ein
junger Mann in untergeordneter Stellung, dass sie sich in ihn verliebt.
Psychologisch plausibel ist die Schilderung der Panik, in die sie gerät,
als sie feststellt, dass ihr geliebter Gatte nicht zur Kirche gehen
will.
Für
das junge Paar im „Basilius“ geht ausnahmsweise alles gut aus, doch
wird für das Keuschheitsideal auch vielfach gestorben. Es liegt nahe,
dass Hrotsvith von ihren Klosterschwestern für moralische Rückenstärkung
dieser Art besonders viel Beifall erhielt. Sich in keuscher Liebe/
ihr schönstes Merkmal, ihre Reinheit zu bewahren ist der
Grundgedanke des Nonnenlebens, der allerdings, wäre er selbstverständlich,
nicht der Ideologisierung bedürfte. Das leuchtende Beispiel, mit dem
Hrotsvith ihre Legendensammlung abschließt, sind „Die Leiden der
heiligen Jungfrau und Märtyrerin Agnes“. Die doch eigentlich
nachvollziehbare Liebe eines jungen Mannes zu einem schönen jungen Mädchen
wird als das Letzte an Verwerflichkeit dargestellt. Er schleppte an
des Vaters Schätze, welch primitiver Trick: Sie ekelten nur
seine Gaben,/ ihr lag nichts an dem schweren Golde,/ noch an den
Edelsteingeschmeiden. Sie warf ihn buchstäblich hinaus: Verruchter
Leugner des Allmächt’gen,/ verschwinde! Fort aus meinen Augen!
Der Abgeblitzte wird daraufhin schwer krank und sein Vater, der mächtige
Stadtpräfekt, ein unbelehrbarer Heide, greift ein. Er verlangt von
Agnes, dass sie ihrem Glauben abschwört, was sie selbstverständlich
verweigert. An der Strafe, die er über sie verhängt, entzündet sich
Hrotsviths Phantasie: sie wird in eine Lasterhöhle geschleppt, wo
ganz verderbte junge Männer/ mit Freudenmädchen sich ergötzten.
Die Jünglinge der Stadt stritten sich, wer als der erste zu ihr
ginge.
Es
passiert ihr weiter nichts. Was sich Hrotsvith am allerwenigsten
vorstellen kann: dass die Märtyrerinnen haben körperlich leiden müssen.
Vielleicht hätte sie diese Schilderungen sonst gar nicht ertragen,
geschweige denn übernommen. Ihre Überzeugung ist, dass Christus denen,
die seinetwegen gequält werden, mit seinen wunderwirkenden Kräften zur
Seite tritt. So wächst der nackten Agnes im Bordell blitzschnell das
Haar, bis es einen Umhang bildet, der ihre Blöße bedeckt. Die Flammen
ihres Scheiterhaufens lassen sie unversehrt und verbrennen stattdessen Henkersknechte
und Gaffer. Ein Schwertstreich tötet sie schließlich
schmerzlos, froh im Herrn entschläft sie, dann sind auch sofort
Engel da, die sie zu den Sternen tragen: Dort ward sie mit der
Strahlenkrone/beschenkt zum Lohn für ihre Keuschheit,/ zugleich auch
mit der Siegespalme für den Triumpf im Heldentode.
Das Heldenattribut ist ein wichtiger Aspekt dieser Legendenbearbeitung,
denn es erhebt die Frau, die ihr Geschlecht „überwindet“ , in einen
Rang, der sonst den Männern vorbehalten ist. Ihre Heldenhaftigkeit
besteht in der Bereitschaft, den Märtyrertod auf sich zu nehmen, nicht
im Aushalten der Qualen. In ihrem letzten Drama „Sapientia“
beschreibt Hrotsvith die Folterung dreier Mädchen detailreich und
drastisch, aber nicht um zu zeigen, wie sehr die Märtyrerinnen
gepeinigt wurden, sondern im Gegenteil, wie unverletzlich sie dank göttlichem
Eingreifen waren. Die Schläge ritzten nicht mal ihre Haut.
Merkwürdigerweise gibt es in Hrotsviths Märtyrerdramen nur
ein Instrument, das eine Christin tötet, das ist das Schwert. Als ob
sie den Schwertzauber ihrer Vorfahren verinnerlicht hätte.
Nach
acht Legenden wandte Hrotsvith sich dem Drama zu, einer sprachlichen
Form, die ihrer szenischen Phantasie besser entgegenkam. Wieder scheint
sie die Anregung dazu in der Stiftsbibliothek gefunden zu haben.
Ausgerechnet die sogenannten „Hetärenstücke“ des Terenz, die trotz
ihrer verfänglichen Thematik im frühen Mittelalter viel gelesen
wurden, brachten sie auf die Idee, Dialoge zu schreiben. Was ihr an
diesen römischen Komödien vor allem gefiel, war die Leichtigkeit der
Sprache, das unpathetische Alltagslatein. Sie stand damit unter den
Zeitgenossen nicht allein; dennoch musste sie sich offenbar dafür
rechtfertigen. Viele Gläubige verehren/ auch ich kann mich dieses
Vorwurfs nicht erwehren/ die anmutige Gepflegtheit der lateinischen
Sprache so weit,/ dass sie die eitlen Bücher der Heiden deswegen/ dem
Nutzen der heiligen Schriften vorzuziehen pflegen.
Es gebe aber auch Leser, die
sich durch den sündigen Inhalt verletzt fühlten. So habe sie
sich entschlossen, Terenz’ Dichtkunst nachzuahmen, gleichzeitig aber
das von ihm geschilderte ruchlose Treiben lasterhafter Dirnen
in ein Lob auf die rühmliche Keuschheit frommer Jungfrauen
zu verwandeln. Ausgerüstet mit der Gnadenlehre, lotete die Kanonissin
in ihrer Phantasie die Chancen der Erlösung für „gefallene Mädchen“
aus. Schamrot sei sie oft geworden, schreibt Hrotsvith, sicher nicht bei
der Lektüre des Terenz, dessen Komödien – die wiederum auf
griechischen Vorlagen basieren – nichts Unanständiges enthalten, außer
der Tatsache, dass Hetären darin auftreten. Was in der Antike ein
akzeptierter Aspekt der Gesellschaft war, wurde in der mittelalterlichen
Gesellschaft zunehmend tabuisiert. Schamrot wurde Hrotsvith nicht bei
der Lektüre, sondern bei der Umformulierung der Vorlagen in ihre Art
von Dichtung, denn sie sah sich gezwungen, sagt sie, sündige
Liebesraserei und falsche Schmeichelreden
, die sie sich im wirklichen Leben nicht anzuhören brauchte, zu
erfinden und niederzuschreiben.
In
zweien ihrer Stücke nimmt sie sich unerschrocken das „Milieu“ vor.
Sie sind sich in der Grundstruktur ähnlich. „Fall und Bekehrung der
Maria, der Nichte des Einsiedlers Abraham“ erzählt die Geschichte
einer zur Nonne bestimmten jungen Frau, die von ihrem Onkel, dem
Eremiten, in einem Zellchen ohne Tür auf ihr frommes Leben
vorbereitet wird; immerhin gibt es ein Fenster, durch das sie klettert,
nachdem ein Heuchler im Mönchskleid sie überredet hat, mit ihm
durchzubrennen. Sie wird bald verlassen und beschließt ihr weiteres
Leben / eitler Weltlust hinzugeben,
mit anderen Worten, sie prostituiert sich. Onkel Abraham will das
aber nicht auf sich beruhen lassen und macht sich auf den Weg in die
Stadt, wo er gegenüber dem Wirt des Gasthauses, in dem sie wohnt und
der offenbar ihr Zuhälter ist, vorgibt, er sei ein Freier. Die
Begegnung im Gasthaus und das Spiel mir der Verführung sind gewagte –
und gelungene – Szenen.
Nachdenklich
stimmt allerdings, dass dem Drama „Abraham“ der „Pafnutius“
folgt, der das gleiche Thema behandelt: Auch Pafnutius ist ein Eremit,
der sich vornimmt, eine Prostituierte zu bekehren, mit der er allerdings
nicht verwandt ist. Pafnutius tritt der Buhlerin Thais als Bußprediger
gegenüber, droht ihr mit allen Höllenstrafen und erreicht schließlich,
dass sie ihren Luxus-Hausrat anzündet und ihren Freiern Adieu sagt.
Beide, das gefallene Mädchen Maria wie auch die professionelle Hure
Thais, folgen ihren Rettern aus Überzeugung in die klösterliche
Einsamkeit, doch während Maria nach entsprechenden Bußübungen den
zarten Körper unter Geistes Herrschaft gezwungen hat
und zum happy end unter ihren ehemaligen
Freiern missioniert (!), überlebt Thais ihre Strafe nicht.
„Pafnutius“
wirkt wie ein im Sinn der Kirchenpädagogik verbesserter, religiös
korrekter „Abraham“. Aus den Veränderungen von Text zu Text lässt
sich ablesen, wo die vermutete Kritik ansetzte: Eremiten-Nichten findet
man nicht im Bordell, dort gibt es nur professionelle Buhlerinnen.
Ein vorbildlicher Einsiedler lässt sich gar nicht erst auf eine
zweideutige Situation ein, sondern fängt sofort mit der Bußpredigt an.
Eine theologische Begründung, warum Prostitution eine so schreckliche
Sache ist, findet sich auch in der „verbesserten“ Variante nicht: Unrecht
gegen den Schöpfer
heißt es pauschal. Die Sünderin kommt auch nicht mit ein paar Bet-
und Fastübungen davon,
wie Maria; im Grund hat sie ihr Leben verwirkt und kann froh sein, wenn
sie ihre Seele für das Jenseits rettet. Man kann nur wünschen, dass
Hrotsvith die für die Büßerin bestimmte Einrichtung nur aus der
Theorie kannte. Es handelt sich um eine klosterinterne Variante des Zellchens
ohne Tür, mit einem winzigen Fenster, durch das hin und wieder
Nahrung gereicht wird, damit die Gefangene nicht verhungert. Thais wurde
bei lebendigem Leib eingemauert. Die Frage, die sich dem Zeitgenossen
stellt - wie sah das mit der Hygiene aus? – bleibt hier nicht
unbeantwortet. Thais wendet ein, der Ort werde wohl bald durch den übermäßigen
Gestank.
sehr unwohnlich werden. Daraufhin hält Pafnutius ihr vor: Es ist nur
gerecht, wenn du für das sündhaft süße Wohl / aus früheren Tagen /
musst nun den ekligen Geruch ertragen.
Dass Thais nach drei Jahren, in denen sie ihr Zellchen nicht
verlassen hat, mit der Aussicht auf die ewige Seligkeit stirbt, können
wir beim besten Willen nicht als happy end betrachten. Hrotsvith hat es
so gesehen.
Es
scheint, dass die Dichterin sich der Ratgeber nicht hat erwehren können.
Die Sammlung der Dramen ist begleitet von einem Brief an einige
gelehrte Gönner dieses Buches, in dem sie sich für ihre unbeholfene
Schreibweise
entschuldigt und darauf verweist, dass sie, um ihrem ungeübten Geist
aufzuhelfen (vielleicht hat man ihr vorgeworfen, zu sehr „aus dem
Bauch“ zu dichten), einige Fäden und Fädchen aus dem Gewand der
Philosophie herausgezogen und in ihre Dialoge verwoben habe.
Gelehrsamkeit war offenbar ein Ausweis höheren Dichtertums. Auf uns
wirken ihre Ausführungen über Mikrokosmos und Makrokosmos am Anfang
der „Bekehrung der Buhlerin Thais“, über die Zahlenlehre in ihrem
letztem Drama „Sapientia“ gestelzt und überflüssig. Sie sind
nachweislich aus Boethius’ Schrift über Aristoteles
exzerpiert, die sie vermutlich in der Klosterbibliothek zur Verfügung
hatte. In „Sapientia“, einer allegorisch-pädagogischen Schrift in
Dialogform, verknüpft sie noch einmal Virginität und weibliches Märtyrertum.
Eine Mutter namens Sapientia (Weisheit) ermutigt ihre drei frommen Töchter
Fides (Glaube), Spes (Hoffnung), Caritas (Liebe), die von Kaiser Hadrian
zum Abfall vom Glauben gezwungen werden sollen, dazu, Folter und Märtyrertod
auf sich zu nehmen. Nach ausführlicher Beschreibung der Qualen, die sie
dank des göttlichen Eingreifens nicht wirklich erleiden müssen, und
ihrer ehrenvollen Aufnahme in den Himmel endet der Dialog mit einem inbrünstigen
Glaubensbekenntnis.
Auf
Grund dieser Talentproben hat man Hrotsvith offenbar für geeignet
gehalten, jene Verherrlichung Kaiser Ottos I. zu verfassen, an der sie
letztlich gescheitert ist: die „Gesta Oddonis I. imperatoris“ .Das
„Ottolied“ , mit dem Gerberga die Kanonissin beauftragte, sollte
nichts Geringeres werden als ein Herrscherlob, verbunden mit einer
Familienchronik der Ludolfinger. Eine Huldigung dieser Art wäre
geeignet gewesen, das Wohlwollen des Kaisers auf Gandersheim zu lenken,
was auch mit finanziellen Vorteilen verbunden gewesen wäre. Vielleicht
wusste Gerberga ja auch, dass im nicht weit entfernten Kloster Corvey
gleichzeitig der Mönch Widukind dabei war, seine „Rerum gestarum
Saxonicarum libri tres“ abzufassen, die sich später als das zentrale
geschichtliche Werk der Epoche erweisen sollten, und wollte ihrem Stift
die Priorität sichern. Doch, wie die Dichterin selbst anmerkt, ist’s
nicht Sache schwacher Frauen, / die still hinter Klostermauern leben, /
den Krieg, der ihnen fremd, zu schildern.
Herrschen bedeutete damals aber vor allem Kriegführen. Die „Gesta
Oddonis I. imperatoris“ sind inhaltlich lückenhaft, als historische
Quelle nur bedingt tauglich – es fehlen wichtige Daten, die Machtkämpfe
innerhalb der Familie werden allzu rosig dargestellt – außerdem
unvollständig überliefert. Der Stoff scheint die Dichterin nicht
besonders inspiriert zu haben, bis auf die Geschichte der späteren
Kaisergattin Adelheid, die aus politischer Geiselhaft entfliehen konnte.
Dieses Abenteuer liest man auch heute noch mit Vergnügen. Hrotsvith
selbst war unzufrieden mit dieser Arbeit. Sie habe keinen Zugang zu den
Quellen bekommen, verteidigt sie sich im Vorwort. Auf der Grundlage von Darstellungen
beredter Herren habe sie die Fülle
der königlichen Taten schwankend und wankend beklommen durcheilt, nun befürchte sie, auf
keinen Gewährsmann gestützt, dass Kritiker ihr Größenwahn
vorwerfen könnten. Deshalb werde sie in Zukunft schweigen und sich
nicht mehr an kaiserliche Erhabenheit / ohne Führung und Geleit
wagen.
Ob
Otto I. jemals von der Chronik Kenntnis genommen hat, wie es Albrecht Dürer
in einem Holzschnitt von 1501 darstellt, ist nicht bekannt. Es
existieren zwei Widmungen des Werkes an zwei Herrscher, an Otto I. und
seinen Sohn Otto II., der als Zwölfjähriger 967 zum Nachfolger seines
Vaters gekrönt worden war, das Amt aber erst nach dessen Tod 973
antrat. Aus dieser zweiten Widmung geht hervor, dass er die Schrift
ausdrücklich angefordert hat, als sein Vater noch lebte, denn Hrotsvith
vergleicht ihn darin mit Salomon, dem Sohn und Mitregenden Davids. –
Die Dichterin übernahm zuletzt den Auftrag zu ihrem schönen Versepos
über die Klostergründung „De constructione coenobii Gandersheimensis“,
mit dem Gerberga und das Kaiserhaus nicht unzufrieden gewesen sein können.
Danach veröffentlichte sie nichts mehr. Das heißt nicht zwingend, dass
sie um diese Zeit starb, also etwa gleichzeitig mit Otto dem Großen;
sie kann auch nur beschlossen haben, die Feder aus der Hand zu legen.
Der Tod des Corveyer Chronisten Widukind wird ebenfalls auf etwa 973
datiert, weil danach kein Manuskript mehr bekannt wurde.
Wahrscheinlicher als der simultane Tod der Chronisten des Herrschers ist
ihr ehrerbietiger Rückzug ins Schweigen.
Werke
Homeyer,
Helene: Roswitha von Gandersheim Werke. Paderborn (Ferdinand Schöningh)
1936.
Langosch,
Karl: Hrotsvitha von Gandersheim: Dulcitius. Abraham. Zwei Dramen.
Stuttgart (Philipp Reclam jun.) 1964. (= Universalbibliothek 7524)
Kronenberg,
Kurt: Roswitha von Gandersheim: Die Briefe. Bad Gandersheim (C.F.
Hertel) 1978.
Über Hrotsvitha:
Bosl,
Karl: Die Gesellschaft in der Geschichte des Mittelalters Goettingen (Vandenhoeck)
1966. (= 231)
Roswitha
von Gandersheim: Von den Anfängen des Stiftes Gandersheim Bad
Gandersheim (Gandersheimer Kreisblatt) o.J.
Kronenberg,
Kurt: Roswitha von Gandersheim und ihre Zeit Bad Gandersheim
(Kreisblatt) o.J. (= Aus Gandersheims großer Vergangenheit Bd. 8)
Langosch,
Kurt: Die deutsche Literatur des lateinischen Mittelalters in ihrer
geschichtlichen Entwicklung Berlin (Walter de Gruyter) 1964.
Terenz:
Die Komödien Stuttgart (Alfred Kröner) 1960.
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