eine handschriftliche
Anmerkung ergänzte: „wahrscheinlich Braunschweig“. Dass der
Postbote in Berlin spontan mehr mit dem Namen Wilhelm Raabe verband als
sein niedersächsischer Kollege, mag weniger etwas mit jener
vielzitierten Bibelweisheit zu tun haben, nach welcher der Prophet im
eigenen Lande nichts gelte, sondern vielmehr Aufschluss über die
Lesegewohnheiten des Eschershausener Beamten geben. Denn der, übrigens
anonyme, Absender jenes nach Berlin abgeschickten Irrläufers hätte die
großräumig vage Anschrift „Berlin“ vermutlich um die Angabe einer
Straße oder, genauer gesagt, einer Gasse erweitern können. Um dem
königlich-preußischen Postpersonal die Identifikation des Adressaten
vorsorglich zu erleichtern, hätte er seinen Kartengruß an „Wilh.
Raabe / Schriftsteller / Berlin, Sperlingsgasse“ senden und so die
Erinnerung an das Erstlingswerk des längst zu Recht in Braunschweig
vermuteten Autors wachrufen können: an Die Chronik der
Sperlingsgasse, die Raabe während seines Studienaufenthaltes in
Berlin 1854/55 verfasste, 1856 unter dem Pseudonym Jakob Corvinus
veröffentlichte und die neben dem Roman Der Hungerpastor (1864)
sein größter Publikumserfolg wurde.
Die
Zustellung der Postkarte hätte das allerdings auch dann nicht unbedingt
vereinfacht, wenn Raabe zu diesem Zeitpunkt noch in Berlin gewohnt
hätte, denn wie der Name des Verfassers ist auch der des Schauplatzes
der Chronik ein Pseudonym, und erst aus Anlass des 100.
Geburtstages Raabes 1931 wurde die Spreegasse, die für den Roman den
räumlichen Bezugsrahmen darstellt, in Sperlingsgasse umbenannt und eine
Gastwirtschaft im Haus Nummer 10 zur „Raabe-Diele“.
Die alten,
durch den 2. Weltkrieg stark beschädigten Fachwerkhäuser der im
heutigen Berlin Mitte nahe der Jungfernbrücke gelegenen Sperlingsgasse
wurden 1964 im Zuge einer einer Stadtteilsanierung abgerissen, die
„Raabe-Diele“ fand als Bierkeller im Ermelerhaus am Märkischen Ufer
eine neue, das heißt: eine museale Heimstatt.
Wer heute in
Berlin nach der Sperlingsgasse fragt, wird wohl eher auf eine
Kneipenstraße dieses Namens im Ku´damm-Karree im Bezirk Charlottenburg
hingewiesen werden als auf die fünfundneunzig Meter kurze Straße in
Berlin Mitte, die ihr historisches Gesicht unwiderruflich verloren hat.
Besonders in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erfreute sich besagtes
Kneipenkonglomerat großer Beliebtheit, vor allem bei Touristen. Die
kleinen Pinten, die man unter dem gemeinsamen Dach der
„Sperlingsgasse“ - und so garantiert trockenen Fußes über
Altberliner Straßen nachempfundenes Kopfsteinpflaster stolpernd –
ansteuern kann, sind auf jene stark verstaubte Gemütlichkeit getrimmt,
die mancher der dort einkehrenden Trinkfreudigen mit „Zille sein
Milljö“ assoziieren mag.
Es gibt in
dieser „Sperlingsgasse“ – von so unvermeidlichen Zeugnissen der
Gegenwart wie zum Beispiel den Zigarettenautomaten oder den so genannten
sanitären Einrichtungen abgesehen – kaum etwas, das nicht auf das
Berlin des 19. Jahrhunderts verweisen soll, und zugleich gibt es nichts
unter all dem womöglich liebevoll angehäuften Kitsch, das echt wäre:
echt nicht im antiquarischen, sondern im Sinne kundiger Bezugnahme auf
eine vergangene Realität. Es ist eine Pseudowelt, die ihre Vorbilder in
einer Pseudohistorie sucht, ein Ausflugsziel, das eine wichtige, wenn
nicht sogar die wichtigste Voraussetzung eines solchen erfüllt,
nämlich die Erzeugung einer idyllischen Illusion.
Für den
kaum dreiundzwanzigjährigen Wilhelm Raabe, der, nach wenig glanzvoller
Schullaufbahn in Holzminden, Stadtoldendorf und Wolfenbüttel ohne
Gymnasialabschluss, als gescheiterter Buchhändlerlehrling, aber
hoffnungsvoller Jungautor nach Berlin kam, um als Gasthörer an der
Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität seine angelesene Bildung zu
ordnen - und sicher auch in der Hoffnung, Kenntnisse zu erwerben, die
ihm für seine schriftstellerische Tätigkeit von Nutzen sein konnten -
stellte sich die expandierende Großstadt in einem weniger idyllischen
Licht dar. Zwar meinte er sich später an die „alte Harmlosigkeit“
des „dörflichen Berlin“ dieser Zeit zu erinnern, doch völlig
vergessen hatte er die Schattenseiten der Stadt wohl doch nicht:
„[...] wenn Dir einmal der Berliner Wind ein wenig scharf um die Nase
fährt, so dencke: Na es ist ein Übergang“, schrieb er am 13. Oktober
1886 seiner zum Studium dorthin gereisten Tochter Margarethe. Darüber,
wieviel von Sittenverfall und Lasterhaftigkeit (schon 1846 von Friedrich
Saß in dessen Untersuchung Berlin in seiner neuesten Zeit und
Entwicklung warnend hervorgehoben) der junge Raabe in der sprunghaft
expandierenden Großstadt unmittelbar verspürt hat, kann angesichts
seiner spärlichen autobiographischen Aussagen nur spekuliert werden,
fest steht nur, dass die Spreegasse, in deren Nummer 11 der Student
Raabe Quartier bezog, nach ihrer Vergangenheit als „galantes
Gässchen“ im 18. Jahrhundert und als Barrikadenkampfplatz der
Märzrevolution von 1848 auch um 1854 alles andere als eine
gutbürgerliche Adresse war.
Spuren der
Alltagswirklichkeit in der Spree- alias Sperlingsgasse finden sich in
der Chronik reichlich. Da ist die Geschichte der Tänzerin
Rosalie, die im Stockwerk über dem Chronisten Johannes Wacholder wohnt,
und deren Not aus der sozialen in eine existentielle Perspektive
gerückt wird, als sie ihr sterbendes Kind in fremder Obhut
zurücklassen muss, um in einer Opernaufführung zu Ehren eines
königlichen Geburtstags zu tanzen; da ist der Blick in die dunkle
Kellerwohnung des Schuhmachers Burger, der, einige ärmliche
Habseligkeiten im Gepäck, mit seiner Familie nach Amerika auswandert,
weil die Heimat ihm weder wirtschaftliche Lebensgrundlage, noch
Perspektive mehr bietet; da ist auch die Episode um den Redakteur Doktor
Wimmer, der wegen eines missliebigen Zeitungsartikels aus Berlin
ausgewiesen wird und – Raabe wendet dies, dem optimistischen Charakter
Wimmer entsprechend, ins Positive – nach München zieht, wo er seine
Jugendliebe, die Base Nannerl Pümpel, heiratet.
„Die
Sperlingsgasse ist ein kurzer, enger Durchgang, der die Kronenstraße
mit einem Ufer des Flusses verknüpft, welcher in vielen Armen und
Kanälen die große Stadt durchwindet. Sie ist bevölkert und lebendig
genug, einen mit nervösem Kopfweh Behafteten wahnsinnig zu machen und
ihn im Irrenhaus enden zu lassen; mir aber ist sie seit vielen Jahren
eine unschätzbare Bühne des Weltlebens, wo Krieg und Friede, Elend und
Glück, Hunger und Überfluss, alle Antinomien des Daseins sich
widerspiegeln“, lässt Raabe seinen greisen Erzähler Wachholder
notieren und formuliert damit die Exposition seines künftigen Schaffens
ebenso wie die strukturellen Kategorien seines Erstlings. Eingeschlossen
in die mehrfach verschränkte Rahmenhandlung sind kleine Erzählungen,
in denen die Geschichte der Gasse als Spiegelung eines übergeordneten
Sinnzusammenhangs aufgefasst wird: „Die Geschichte eines Hauses ist
die Geschichte seiner Bewohner, die Geschichte seiner Bewohner ist die
Geschichte der Zeit, in welcher sie lebten und leben, die Geschichte der
Zeiten ist die Geschichte der Menschheit, und die Geschichte der
Menschheit ist die Geschichte – Gottes! Wohin führt uns das? Kehren
wir schnell um und steigen wir die Treppen hinunter in das unterste
Stockwerk.“
Das
Verweisen auf einen transzendenten, sinnstiftenden Kontext, das
Bewusstsein historischer Bedingtheit und die Erdung des Großen im
Kleinen, indem der Leser nach einem kurzen Blick auf die Komplexität
der Welt schnell wieder „die Treppen hinunter in das unterste
Stockwerk“ und auf scheinbar vertrautes Terrain geführt wird, das
sind die programmatischen Parameter im Werk Raabes. Ihre Entsprechung
finden sie in der originären Form der Chronik, die nicht der
historischen Abfolge der Ereignisse folgt, sondern durch eine innere
Chronologie bestimmt wird. Innerhalb der 128 Tage umfassenden
Erzählzeit erinnert sich der Chronist in 21 Abschnitten an die
Familiengeschichte seines Jugendfreundes Franz Ralff, die ihrerseits mit
einer tragischen Verführungsgeschichte verknüpft ist und ihre
Auflösung im freundlichen Schicksal der Pflegetochter des Chronisten,
der früh verwaisten Elise Ralff, findet. Bedeutsamer als dieser schon
von Teilen der zeitgenössischen Kritik trivial gescholtene
Handlungsstrang ist jedoch die Raffinesse, mit der Raabe die Mechanismen
des Erinnerns selbst thematisiert. Ein alter Nähkorb, ein vergilbter
Brief, der Ausblick aus dem Fenster auf die gegenüberliegende Wohnung,
in der Johannes Wachholder in früheren Jahren lebte: immer wieder
heftet sich die Erinnerung an Anlässe, Eindrücke und Gegenstände, die
in ihrer von der Zeit veränderten Gestalt noch die Geschichte des
Erinnerten in sich bergen und weitertragen. Welche Bedeutung der
Erinnerung zukommt, bringt der Erzähler in der Quintessenz eines
Märchens zur Anschauung: „Es gibt ein Märchen – ich weiß nicht,
wer es erzählt hat – von einem, der nach großem Unglück sich
wünschte, die Erinnerung zu verlieren, und dem in einer dunklen Nacht
sein Wunsch gewährt ward. Er empfand von da an keinen Schmerz, keine
Freude mehr; er verlernte zu weinen und zu lachen; es ward ihm einerlei,
ob er Blumenknospen oder Menschenherzen zertrat: alles das hübsche
Spielzeug, welches das Leben seinen Kindern mitgibt auf ihrem Wege von
der Wiege bis zum Grabe, zerbrach ihm in den Händen mit der
Erinnerung.“
Dass Raabe
seinen Johannes Wachholder die Erzählung „The Haunted Man“ von
Charles Dickens ausdrücklich als Märchen bezeichnen lässt, ist kein
Zufall, denn Wachholder nennt seine Chronik ein Märchenbuch, manchmal
auch ein Traum- und Bilderbuch. Der konstruierende Charakter von
Erinnerungen ist im konstituierenden des Gedenkens, das subjektive
Gedächtnis des Einzelnen im objektivierten der Geschichte aufgehoben
wie der Kern in einer Frucht. Erst in der Kenntnis der Vergangenheit
wird die Gegenwart verständlich, erhält Deutung und Perspektive.
So ist in
die Schilderung eines Feierabends beim Tischlermeister Werner ein
Gespräch mit dessen Schwiegermutter eingebettet, die sich an die
antinapoleonischen Kriege erinnert. Der darin enthaltene Hinweis auf die
einigende Kraft des Freiheitsgedankens deutet zugleich auf die
desillusionierende politische Situation der Jahre nach 1848 hin, die in
Raabe als einem Verfechter der deutschen Einheitsidee und der so
genannten kleindeutschen Lösung unter der Führung Preußens
Enttäuschung hervorgerufen hatten. Als wachen Kritiker der
gesellschaftspolitischen Verhältnisse weisen ihn gleich mehrere
Passagen der Chronik aus, besonders eindeutig die oben schon
einmal erwähnte Episode um den Redakteur Doktor Wimmer, dem Raabe
ironisch die Formulierung von der „oktroyierten Verfassung“ in den
Mund legt, die nach 1848 eben nicht durch die Volksvertreter
beschlossen, sondern diesen durch die Regierung aufgenötigt wurde.
An die
vielschichtige Erzählweise der Chronik suchte Raabe lange
Anschluss. Das in Wolfenbüttel entstandene, als Briefroman konzipierte
Werk Nach dem großen Kriege (1861) zeugt von dem Bemühen, die
künstlerische Form des Erstlings weiterzuentwickeln, aber auch von
Raabes Interesse an historischen Stoffen. So ist auch die herausragende,
wenngleich formal konventionelle Arbeit der Wolfenbütteler Jahre, Unseres
Herrgotts Canzlei (1862),
ein historischer Roman vor dem Hintergrund des Krieges, den 1550/51 die
Stadt Magdeburg um ihre Glaubensfreiheit gegen Kaiser, Reich und
Fürsten führte. Die ebenfalls in Wolfenbüttel vollendeten
Gegenwartsromane Ein Frühling (1857) oder Die Kinder von
Finkenrode (1859) dagegen
wurden später vom Dichter selbst als „Gequadder“ abgetan.
Auch in dem
1864 erschienenen, bereits in Stuttgart entstandenen und kommerziell
sehr erfolgreichen Roman Der Hungerpastor bleibt Raabe der
linearen Struktur der damals vorherrschenden Romanform verhaftet, die
auktoriale Erzählhaltung weist, anders als die der Chronik,
nicht über die Formensprache seiner Zeit hinaus. Ein erneuter Vorstoß
in die später für ihn typische komplex subjektivierte Erzählweise
gelingt ihm bemerkenswerterweise mit einer weiteren historischen
Novelle, Else von der Tanne (1864). Die Ereignisse, angesiedelt zur Zeit des
dreißigjährigen Krieges, werden in mehrfacher Brechung aus
verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Die eigentliche Handlung umfasst
nur den Abend des 24. Dezember 1648, an dem Else, ein aus dem
zerstörten Magdeburg in ein kleines Harz-Dorf gerettetes Mädchen, von
der Gemeinde verleumdet, verfolgt und schließlich als Hexe verbrannt
wird. In diesen wenigen Stunden aber wird gleichsam eine Anamnese des
Geschehens seit 1610 geliefert. Gegenüber früheren historischen
Novellen hat die perspektivische Brechung nun einen neuen Sinn: der
geschichtliche Hintergrund ist nicht mehr bloß Kulisse für eine
erfundene spannende Handlung, vielmehr kommt es vor dieser Folie zu
einer Aussage über das menschliche Sein, die über den geschilderten
Vorgang hinaus Gültigkeit beansprucht und die im Verzicht auf eine
objektive Erzählerinstanz nur pessimistisch ausfallen kann: „[...] es
ist keine Rettung in der Welt vor der Welt“.
Das macht
den historischen Hintergrund nicht obsolet. Es ist vielmehr zu fragen,
ob nicht gerade die Nachprüfbarkeit historischer Fakten, das
Vorhandensein einer von persönlichem Erleben und Beobachten
unabhängigen Geschichte für Raabe ein unverzichtbarer Ausgangspunkt
war, sich mit Fragen von allgemeiner und zeitloser Relevanz dichterisch
auseinanderzusetzen. An seinen Freund Glaser schrieb Raabe: „So putze
ich denn meine epische Rüstung und gedenke als deutscher
Sitten-Schilderer noch einen guten Kampf zu kämpfen. Es ist viel Lüge
in unserer Literatur, und ich werde auch für mein armes Teil nach
Kräften das meinige dazu tun, sie heraus zu bringen; obgleich ich recht
gut weiß, dass meine Lebensbehaglichkeit dabei nicht gewinnen wird.“
Der Begriff
der Behaglichkeit ist bei Raabe ein ambivalenter. Die Konsequenz, mit
der er sein wirtschaftliches Fortkommen und die Sorge für seine Familie
– er hatte 1862 geheiratet, die älteste seiner vier Töchter,
Margarethe, kam ein Jahr später zur Welt – ausschließlich auf seine
literarische Existenz gründete, spricht für eine ehrgeizige
Risikobereitschaft, die der vergleichsweise behaglichen Sicherheit,
welche ein Lebensgang nach bürgerlichem Muster hätte erwarten lassen,
wenigstens zeitweilig abträglich gewesen sein muss. Dennoch muten
einige Aspekte seines äußeren Lebens durchaus bürgerlich, sogar
„philiströs“ an. Von besonderem Interesse ist in diesem
Zusammenhang seine Mitgliedschaft in verschiedenen Vereinigungen.
Selbst wenn
man die Rolle im Blick behält, welche den Klubs, Salons und Vereinen
als Katalysator gesellschaftlicher Kräfte im 19. Jahrhundert zukam, war
Raabes Verhältnis zu ihnen doch zwiespältig. So war das Stuttgarter
„Bergwerk“ zwar ein Künstlerverein, aber das starre Zeremoniell des
Klubs ermüdete den Dichter und bewog ihn nach zwei Jahren zum Austritt. Welchen ideellen Gewinn ihm die
„Schichten“
|
genannten Zusammenkünfte auch immer gebracht
haben mögen, Gelegenheiten zum Austausch über die ihn
bewegenden literarischen Fragen boten sie ihm nicht, ebenso
wenig wie die Treffen der Braunschweiger „Kleiderseller“,
eines Klubs, dessen Angehörige sich 1861 ursprünglich zur
Gründung
|
eines Museums zusammengefunden hatten. Als Raabe
Anfang der 70er Jahre zu den „Kleidersellern“ stieß,
handelte es sich dabei längst weniger um einen historisch
interessierten Salon, als um einen Stammtisch, und auch die
Sitzungen des „Klubs der Buern im Kreienfelde“,
dem Raabe übrigens als „Sperlingsbuer“, angehörte, waren von eher
derbem Humor geprägt. In seiner Erzählung Horacker (1867), einer formal souverän gestalteten, zwischen
Ironie und Parodie oszillierenden, tragikomischen Anti-Idylle um einen
jugendlichen Außenseiter, hat Raabe diesen trinkfrohen Zusammenkünften
ein Denkmal gesetzt. In Anspielung auf die „individualistisch
durchgebildeten kakophonischen Kunststücke“, die ein Komiker am
Hoftheater, Oskar Fischer, zum besten zu geben pflegte, heißt es da:
„Als Hund und Katze im Kampfe werden Sie immer mustergültig bleiben.
Ihre Leistungen als auf den Schwanz getretener Kater sind geradezu
erschütternd... Na, nächstens sollen Sie uns mal Ihre Bauerfrau, die
ein Ferkel in den Sack zwängt, vorführen... haben Sie schon meinen
asthmatischen Mops, der auf Fräuleins Sofa tat, was nicht hübsch von
ihm war, vernommen?“
Gleichwohl
fühlte man sich im Widerspruch zum Spießertum und zur überkommenen
Hierarchie der bürgerlichen Gesellschaft. Wenn sich am Donnerstagabend
die „Kleiderseller“ im „Grünen Jäger“, einer Gastwirtschaft
östlich von Braunschweig trafen, pflegte man eine durchaus
unkonventionelle Gemeinschaft: „So wollen wir bleiben, wie wir sein
müssen: bescheiden und frech, still und großschnauzig, kurz so bunt
wie möglich. Unter uns hat keiner vor dem andern etwas voraus. Was
gelten uns Jahre? Kennen wir nicht! Wir sind alle eines Alters! –
Schöne, höfliche, löbliche Eigenschaften? Wir wissen alle, wo uns der
alte Adam zu enge ist und stellenweise aus den Nähten geht! – Was
gehen uns Amt und Würden an? – Wir sind alle des nämlichen Ranges
und wissen uns allesamt mit demselben buntscheckigen Fell überzogen!
– Geld tut es garnicht unter uns! – Wir sind Leute, die frei
durchgehen durch die Philisterwelt [...]“, so Raabe in einer Rede
anlässlich seines 50. Geburtstages.
Die Betonung
des neuhumanistischen Ideals von der Gleichheit freier Individuen, von
denen „jeder das Ganze darstellt und die Gesamtheit den einzelnen“,
ist ebenso von Bedeutung wie das vom Festredner herausgestellte
Verhältnis zwischen Philistertum und einer aufs Äußere beschränkten
und von ebensolchen Kategorien fremdbestimmten Lebens- und Weltsicht.
Das „Geld tut es garnicht unter uns!“, ruft er den Freunden zu und
anerkennt so im selben Atemzug den Stellenwert, den Besitz und
gesellschaftlicher Rang in der Welt außerhalb der Enklave
Gleichgesinnter haben. Das Ausleben ideeller Wünsche bleibt auf den
Feierabend beschränkt und die Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit
davon unberührt, ja, sie wird sogar bestätigt durch die Trennung von
Sonntag und Alltag. Die Freiheit in der Freizeit jedoch bedeutet nicht
mehr als eine Idylle - wenn nicht eine Ausflucht, so doch einen Ausflug
in ein privates Heiligtum, in dem die Ordnung der Welt temporär in den
Hintergrund verdrängt wird, ohne in sie einzugreifen.
Genau an
dieser Stelle aber entfernt sich Raabe im Laufe der Braunschweiger Jahre
vom Poetischen Realismus vieler seiner Zeitgenossen. Hatte Karl Gutzkow
bei Erscheinen von Gustav Freytags Soll und Haben (1855)
den Dichter noch auf den „Sonntag des Lebens“
verpflichten wollen, auf des Menschen „Lieben, sein Gefühl für
Freundschaft, seine Religion, sein Geschick“, verabschiedete sich
Raabe in seinem Spätwerk endgültig von der Vorstellung, die
Disparatheit der heraufdämmernden Industriegesellschaft in der
Literatur versöhnen zu können. Im Beharren auf eine poetische
Vermittlung zwischen individuellem Glücksanspruch und prosaischer
Wirklichkeit berief sich Gutzkow auf Hegels Definition des modernen
Romans, dem die Aufgabe zufalle, die auseinanderklaffenden Bereiche des
Idealen und des Realen in einer Sphäre persönlichen Friedens - als
deren Ort Hegel sich die Ehe dachte - in Einklang zu bringen. Doch unter
dem Eindruck der industriellen Revolution weitet sich der individuelle
Konflikt für Gutzkow zu einem grundsätzlichen Problem aus: „Markt
und Wald“, konstatiert er, „sind zusammengerückt und bekämpfen
sich“. Als Folge dieses Kampfes zerfällt nicht nur die konkrete
Zeiteinheit der Woche, sondern die Gesamtheit des Lebens in Werk- und
Sonntag: „[...] es ist gerade das Wesen des Romans, die
Wochentagsexistenz des Menschen gleichsam beiseite liegen zu lassen und
seinen Sonntag zu erörtern“. Demgegenüber bedeutete die Leugnung der
Tatsache, dass das Leben in der bürgerlichen Gesellschaft des 19.
Jahrhunderts eben nicht mehr als Einheit erfahren wird, und das mit
dieser Leugnung einhergehende Bestreben, die Realität im Roman poetisch
zu überhöhen, für Raabe jene „Lüge in unserer Literatur“, gegen
die anzutreten er sich das Wort gegeben hatte.
Das
entschlossenste, künstlerisch reifste Zeugnis dieses „guten
Kampfes“ stellt sein Roman Die Akten des Vogelsangs (1896) dar.
Wieder greift darin ein Chronist zur Feder, der Jurist Krumhardt, und
wieder ist ein Ort und die Geschichte seiner Bewohner exemplarischer
Ausgangspunkt, diesmal für eine „Personalakte“ besonderer Art über
den Freund Velten Andres, dessen Tod den Erzähler zu seinen
Aufzeichnungen veranlasst. Der Ort, an dem die Spurensuche einsetzt, ist
der einer glücklichen gemeinsamen Kindheit, der Ortsteil Vogelsang am
Osterberg, in dem bis hin zur Beschreibung der Sandsteinbrüche, die in
den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts dort zu sehen waren, der Hasenberg
bei Stuttgart wiederzuerkennen ist.
Der Kontrast
zwischen dem faszinierenden Leben des Gescheiterten Velten Andres und
dem farblosen, aber verantwortungsbewussten Dasein Krumhardts legt die
Interpretation nahe, Raabe wolle hier die Antinomie zweier
Lebensentwürfe zeigen, doch diese Deutung läuft Gefahr, selbst dem
Harmonieprogramm des Poetischen Realismus zu verfallen, das Raabe mit
präzisen, stellenweise schrillen Tönen stört. Wie bewusst der Autor
sich des Problems der Synthesis zwischen Wirklichkeit und Ideal war,
zeigt der Handlungsstrang um die Geschichte der Familie Leon des Beaux,
den Velten in seiner Berliner Studienzeit kennenlernt. Die des Beaux
stammen von einem Hugenottengeschlecht ab und bewahren
Erinnerungsstücke ihrer glorreichen Vergangenheit in einem privaten
Familienmuseum auf. Die Gegenstände, darunter eine kostbare
Albigenserlanze und ein Hugenottenschwert, verbinden sie mit jener Zeit,
als die Familie kämpferisch für ihre Überzeugungen eintrat, an eine
Epoche also, in der Tat und Reflexion noch eine sinnstiftende Einheit
darstellten. Leons Schwester Leonie aber vergleicht das Museum mit einer
„Ritterbuchbibliothek“ und interpretiert es so als romantischen, „quijotischen“
Rückzugsort , als eine Art phantastische Insel im Alltag, die mit der
Anpassung der Geschwister an die Verhältnisse ihre Bedeutung verliert.
Leon macht als Kaufmann Karriere und heiratet eine Deutsche, für die
die Erinnerungsstücke nur noch antiquarisch-dekorativen Charakter
haben; Leonie wird Diakonissin und kappt auf dem Weg der Entsagung ihre
Wurzeln.
Auch Veltens
Mutter hinterlässt ihm auf dem Boden ihres Hauses im Vogelsang
Gegenstände aus einer besseren Vergangenheit: „Sie hatte [...] sich
selber, sozusagen, ein Herzensmuseum draus gemacht“. Dieses
„Herzensmuseum“ bildet gleichsam eine letzte Bastion gegen die
Veränderungen der Welt außerhalb des Hauses: Spekulanten haben die
Grundstücke im Vogelsang aufgekauft, die Einfamilienhäuser sind
Mietskasernen gewichen, eine Tanzhalle hat in der Nähe eröffnet, und
auf dem Gelände des Nachbars Hartleben ist eine Konservenfabrik
errichtet worden. Die überschaubaren Zusammenhänge des kleinen
Stadtteils und die menschliche Nähe zwischen den Nachbarn sind durch
Symbole der Entfremdung und Vereinsamung ersetzt. Der Unumkehrbarkeit
dieser Entwicklung trägt Velten auf die einzige ihm mögliche Art
Rechnung: nach dem Tod seiner Mutter verbrennt, zerstört oder verteilt
er sämtliche Erinnerungsstücke und vernichtet damit das Herzensmuseum,
sogar das Grundstück verschenkt er. Da ihm weder Anpassung an die
herrschenden Umstände, noch Weltentsagung möglich ist, er sich also
nicht mit der Gegenwart arrangieren kann, verliert die Vergangenheit als
Code zum Verständnis dieser Gegenwart ihre Legitimation, mehr noch:
Velten zerbricht nicht, weil es ihm an Verständnis dieser Entwicklung
mangelt, sondern im Gegenteil, weil er verstanden hat. Die Spaltung
zwischen Alltag und Sonntag des Lebens, zwischen Tat und Sinn, ist
irreparabel, das Kindheitsparadies Vogelsang ein für allemal verloren,
nicht einmal der Osterberg bleibt verschont – er wird zum
Erholungsgebiet mit planierten Wegen und „Kurwanderzeichen“, und auf
einem nahe gelegenen Waldgrundstück erbaut man ein „Asyl für
Nervenkranke“, für diejenigen also, die sich mit den modernen
Verhältnissen nicht abfinden können oder sich ihnen gar widersetzen.
Dass auch Velten von den Bewohnern des Städtchens als „für das
Landesirrenhaus reif“ angesehen wird, ist nur folgerichtig.
Im Horacker
hatte Eckernbusch noch behauptet: „Grün bleibt doch Grün“ und in Alte
Nester (1880) hatte sich Fritz Langreuter zumindest vorgenommen, dem
„überhängenden Grün“ zu vertrauen, für Velten jedoch wird „aus
Grün Grau“. Krumhardts Worte lassen sich im Rahmen einer
Farbmetaphorik auch poetologisch lesen: „[...] das Stück grüne Hecke
der Frau Doktor Andres, das war nunmehr ein Etwas, das seine Zeit ganz
und gar überlebt hatte und durch sein Nochvorhandensein nur
kümmerlich-lächerlich wirkte“.
Ob nun das
brennende Herzensmuseum oder die zur Dekoration degradierten
Erinnerungsstücke der des Beaux, ob die frühe Version des
Trimm-Dich-Pfades am Osterberg oder der Park der Irrenanstalt, kein
Reservat kann die Einheit des Lebens konservieren. Die Existenz solcher
Reservate enthüllt nur eine Sehnsucht, ein diffuses Bedürfnis nach
Ausgleich, Ablenkung, Erholung, kurz: nach Ausflügen. Die Exponate in
den Museen erzählen im besten Fall von einer Gegenwelt, zu der dem
Betrachter der Schlüssel fehlt, so wie die Accessoires in den Kneipen
der „Sperlingsgasse“ lediglich Simulationen von Erinnerung sind,
die, wahllos an neue Schauplätze transplantiert, ohne Bezug zur
Geschichte und zu den Geschichten jener Straße bleiben. So gesehen
sitzt man in den Nischen der Sperlingsgasse zwar „auf dem grauen Esel „Zeit““, genau
genommen aber nicht „verkehrt“, nicht mit rückwärtiger
Blickrichtung, wie der Chronist Johannes Wacholder den
Erinnerungsprozess umschreibt.
Doch Raabe
entlässt den Leser nicht einfach in eine Resignation, in der dieser es
sich wiederum allzu gemütlich machen könnte. Denn indem er
Dissoziation und Entfremdung als reale Aufbaukategorien begreift, zeigt
er sie zugleich in ihrer Bedingtheit: die Verhältnisse einer Zeit
werden von Menschen bestimmt und sind somit beeinflussbar.
In der
Schlussszene des Romans führt uns Raabe noch einmal nach Berlin.
Krumhardt geht Arm in Arm mit der Jugendfreundin Helene Trotzendorff,
mit deren Brief Die Akten des Vogelsangs eröffnet wurden, durch
die Straßen der Stadt, auf einen Besuch bei Leon aber verzichtet er:
„Es war mir unmöglich, seinem Lebensbehagen jetzt die rechte
Teilnahme entgegenzubringen, seine Wera singen, seine Viktoria Klavier
spielen zu hören und mit ihm den Erben der Troubadourharfe, der
Albigenserlanze und des Hugenottenschwerts der Ahnen, seinen braven
Friedrich, vom Kadettenhause zu Lichterfelde durch alle möglichen neuen
kriegerischen Ehren der Familie bis zu dem Prädikat Exzellenz zu
begleiten.“
Krumhardt
hat sich in der Auseinandersetzung mit seinen Erinnerungen seiner
eigenen Biographie versichert, er hat den Code der Vergangenheit in
seiner Bedeutung für sein gegenwärtiges Leben dechiffriert und von
ihrer museal idyllisierenden Patina befreit. Den Ort der Kindheit kann
er nun, da er ihn erinnernd aufgesucht und mit all seinen
konfliktreichen Veränderungen darstellend bewahrt hat, verlassen, ohne
Verklärung oder Verbitterung kann er sich „auf dem Esel Zeit“
umdrehen und den Blick auf das Hier und Heute richten:
„Es ist
ein lichtgrüner, schöner Frühlingstag, an welchem ich dieses zu
Papier bringe. Ich könnte auf dem Blatte den spätesten Nachkommen noch
einmal mit hinaufnehmen auf die Bank im Sonnenschein von heute auf dem
Osterberge; aber ich schließe die Akten des Vogelsangs.“
Die Akten
blieben Raabes letzter vollendeter Gegenwartsroman, mit seinem Hastenbeck
(1899) wandte er sich ein letztes Mal einem historischen Sujet zu, der
Roman Altershausen (postum 1911) blieb Fragment. Raabe betrachtet
sich nun als „Schriftsteller a.D.“. Am 15. November 1910, auf den
Tag genau 56 Jahre nach dem Beginn seiner Arbeit an der Chronik der
Sperlingsgasse, den er selbst als „Federansetzungstag“
bezeichnete und mit dem die Erzählzeit seines ersten Romans einsetzt,
stirbt er in der Leonhardstraße 29a in Braunschweig.
In diesen 56
Jahren ist er stets beides gewesen, Bürger und Schriftsteller,
Philister und Künstler. An gesellschaftlichen Umwälzungen hat er weder
in der einen, noch in der anderen Eigenschaft teilgenommen, und bis
zuletzt schloss der Blick für die Dynamik und Problematik seiner Zeit,
sowie die sich daraus notwendig ergebenden Folgen das Bedauern über die
verlorene Ganzheit der bürgerlichen Lebenswelt mit ein. Die Wirkung
seines Werks erklärt sich nicht zuletzt aus Raabes Leistung, diesem
Widerspruch inhaltlich und formal Gestalt gegeben zu haben, einem
Widerspruch, der das Lebensgefühl nachfolgender Generationen noch um
vieles stärker bestimmen sollte.
Am 25.
Oktober 1909 erhielt Raabe Besuch von einem jungen Autor, der später
mit einem Roman über eben diesen zur Zerrissenheit gesteigerten
Widerspruch Furore machen würde: „Ein Mensch der Antike, der im
Mittelalter hätte leben müssen, wäre daran jämmerlich erstickt,
ebenso wie ein Wilder inmitten unserer Zivilisation ersticken müsste.
Es gibt nun Zeiten, wo eine ganze Generation so zwischen zwei Zeiten,
zwischen zwei Lebensstile hineingerät, dass ihr jede
Selbstverständlichkeit [...] verloren geht“, heißt es in dem Roman Der
Steppenwolf. Sein Urheber Hermann Hesse schrieb über die Begegnung
mit Wilhelm Raabe: „[...] Er sprach leise, hieß mich willkommen,
deutete an, dass er ungefähr wisse, wer ich sei, und lud mich zum
Sitzen ein. Auch er setzte sich, stand aber bald wieder auf, ging hin
und her, rückte an der Lampe, und so sieht ihn meine Erinnerung heute
noch: in einer kleinen dämmerigen Stube, Bücher auf dem Tisch, Bücher
an den Wänden, stehend, sehr groß und aufrecht [...] Ich hatte diesen
alten Mann schon oft lieb gehabt und hätte ihm jetzt gerne sagen
mögen, wie gut ich viele seiner Bücher kenne und wie sehr ich ihn
verehre, aber man sagt das einem solch schlauen, alles schon wissenden,
alten, ehrwürdigen Zauberer nicht so leicht [...] Als ich wieder ging
und er oben an der Treppe stand, der ohnehin hochgewachsene und durch
meine Verehrung noch vergrößerte Mann, sah ich im Niedersteigen noch
mehrmals zu ihm empor [...], dessen schöne langgestreckte Hand die
Akten des Vogelsangs geschrieben hatte“.
Werke:
Sämtliche
Werke. Im Auftrage der Braunschweigischen Wissenschaftlichen
Gesellschaft, hg. von Karl Hoppe. Vandenhoeck & Ruprecht,
Göttingen, 1951 f.
Werke in
vier Bänden. Kritisch durchgesehene Ausgabe mit Anmerkungen und
biographischem Nachwort, hg. von Karl Hoppe. Verlagsanstalt Hermann
Klemm, Freiburg im Breisgau, 1954
Über Wilhelm Raabe:
Hans Oppermann: Raabe. Rowohlt Taschenbuch
Verlag, 3. Auflage, Reinbek, 1980
Horst Denkler: Neues über Wilhelm Raabe.
Max Niemeyer Verlag Tübingen, 1988
Leo A. Lensing u. Hans-Werner Peter (Hg.):
Wilhelm Raabe. Studien zu seinem Leben und
Werk. pp-Verlag Braunschweig, 1981
Werner
Fuld: Wilhelm Raabe. Eine Biographie. Hanser Verlag, München und
Wien, 1993.
Der Texte darf für private und schulische Zwecke kopiert werden. Alle
Veröffentlichungsrechte liegen beim Autor.
Sylvia
Geist
Schmiedeberger
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