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Goethes Frauen – die wahren und die erfundenen 44 Porträts von Joseph Kiermeier-Debre

Kiermeier-Debre, Herausgeber der in Textstand und Titelauswahl höchst qualitätvollen „Bibliothek der Erstausgaben“, hat jetzt mit „Goethes Frauen“ eine Sammlung von 44 Porträts aus Leben und Dichtung verfasst. Für einen Universitätsprofessor überrascht nicht nur das Thema und der ausgezeichnet zu lesende Stil. Er setzt sich auch über die strenge Trennung von biographischen und fiktiven Gestalten hinweg und erreicht dadurch ein reizvolles Wechselspiel von Dichtung und Wahrheit. Das ordnende Prinzip ist Goethes Lebenslauf. Wann tauchen Herzogin Anna Amalie und Henriette Jagemann in seinem Leben auf, wann Mignon und Helena? Die erste aus der Biographie ist natürlich die Mutter des Dichters, die letzte seine Schwiegertochter. Charlotte von Stein erhält sinnvollerweise zwei Artikel: „vor der Italienischen Reise“ und „nach der Italienischen Reise“. Ihr Verhältnis zum Dichter war ja auch davor und danach ein völlig anderes, buchstäblich zwiespältiges.

Werken wie diesen wird man immer leicht vorwerfen können, was fehlt. Der junge Goethe hat sich in Maria Antonia Branconi, eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, verliebt. Der alte – er nennt sie „Tochter, Freundin, Liebchen“ – in Silvie von Ziegesar. – Beide vermisst man. Auf der anderen Seite die fiktiven Figuren: keine Makarie („Wilhelm Meisters Wanderjahre“), keine Suleika („West-Östlicher Divan“). Aber solche Mäkeleien sind müßig. Es zählt, was der Autor zu bieten hat, und das ist nicht eben wenig. Und es zählt seine klare, anschauliche Sprache. Sie braucht keine gelehrsamen Bandwurmsätze und germanistischen Nebelkerzen, um viel Kluges und manch Amüsantes zu vermitteln.

Der Anhang schließt mit einem Literatur- und Abbildungsverzeichnis ab, das nach den beschriebenen Damen geordnet ist. Dass die einleitende Bildseite und ihre Rückseite ohne Paginierung bleibt, leuchtet ein. Aber warum auch noch die dritte Seite, wenn das Inhaltsverzeichnis den Beginn des jeweiligen Kapitels irritierenderweise schon drei Seiten eher nennt?

Joseph Kiermeier-Debre: Goethes Frauen. 44 Porträts aus Leben und Dichtung. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2012. 445 S. (dtv Nr. 14025) 10,20 €