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Goethes Weimar und die Französische Revolution |
Spitzelwesen, Repressionen, allgemeine Unsicherheit – wovon ist die Rede? Die Rede ist vom klassischen Weimar der Krisenjahre 1792/93, als Goethe seine "Beyträge zur Optik" zu veröffentlichen begann und – als Reaktion auf die Revolution – Lustspiele wie "Der Groß-Cophta" und "Der Bürgergeneral". W. Daniel Wilsons kommentierte Materialsammlung unterlegt der geistreichen Oberfläche unseres Klassikbildes einen düsteren Untergrund. Innenpolitische Konflikte werden dargestellt, Studentenunruhen, Textilarbeiteraufstände. Der vielleicht wertvollste Fund, den die vorliegende Sammlung bietet, ist die Korrespondenz des im Felde stehenden Herzogs mit seinen vier Geheimräten zu Hause, ein Briefwechsel, der nicht nur auf Schiller, Wieland und Herder ein neues Licht wirft, sondern die Vernetzung des literarischen Mikrokosmos Weimar neu und unvermutet akzentuiert. Auf die amtliche Tätigkeit Goethes als Geheimrat wird durch 45 bislang ungedruckte Gesprächsberichte ein helleres Licht geworfen, was sicher auch zum Verständnis der oben genannten Revolutionsdramen nützlich ist, mehr noch aber für das geistige Klima der damaligen Zeit. Wir müssen übrigens nicht mehr – wie noch bei W. Daniel Wilsons früheren Arbeiten über die geheime Logentätigkeit Goethes und anderer Weimarer – Partei ergreifen, um die vorliegende Quellensammlung in ihrem vollen Wert zu schätzen. Ein Lese-Buch freilich ist das vorliegende Werk nicht, es nützt nur dem, der damit arbeiten will. Diesem Leser aber bietet der Herausgeber alle nur denkbare Hilfestellung: von einer sehr gründlichen Einleitung über den 600 Seiten starken Dokumententeil, die ausgedehnte Bibliografie bis hin zu einem wirklich guten und zuverlässigen Personenregister.
W. Daniel Wilson (Hrsg.): Goethes Weimar und die Französische Revolution. Dokumente der Krisenjahre. Köln, Weimar, Berlin: Böhlau Verlag 2004. 741 S., geb. bis 31. Dezember 59,90 Euro, danach 74,90 Euro. |